Das türkische Gouverneursamt der nordkurdischen Provinz Şirnex (türk. Şırnak) hat ein weiteres Gebiet im Umland des Berges Gabar zur sogenannten Sondersicherheitszone deklariert. Den Bewohner*innen der angrenzenden Dörfer ist der Zugang in das Wadi Bertul ab sofort verboten. Damit können die am Gabar wachsenden Wildkräuter, welche die Lebensgrundlage für etliche Menschen und Tiere bilden, nicht mehr gesammelt werden. Auch das allsommerliche kollektive Picknicken mit Menschen aus anderen Orten von Şirnex, einer der wenigen Bräuche, der den Bewohner*innen in der vom schmutzigen Krieg des türkischen Staates geprägten Provinz geblieben war, kann nicht mehr stattfinden. Die Menschen werden sowohl in die Armut als auch in die Isolation gedrängt.
Das Bertul-Wadi liegt direkt hinter dem Kasrik-Pass. Auf der zum Tal führenden Straße wurden inzwischen etliche Kontrollposten von sogenannten Dorfschützern hochgezogen, an höher liegenden Punkten hängen Überwachungskameras. Das ganze Gebiet gleicht mittlerweile einer Sicherheitsfestung von paramilitärischen Einheiten, die sich wie „Statthalter“ verhalten und für die Interessen des Staates eintreten.
Die Bewohner*innen der Dörfer sind frustriert. Auf der einen Seite beklagen sie die zunehmenden Aktivitäten des Staates, in Şirnex und anderen Gebieten in der Botan-Region das Dorfschützer-System auszubauen. Andererseits befürchten sie existenzielle Armut. Viele Menschen verdienen in den Frühlings- und Sommermonaten mit dem Verkauf von regionalem Obst und Gemüse und mit essbaren Wildpflanzen hergestellten Lebensmitteln wie typisch kurdischem Kräuterkäse an Ständen und auf Märkten ihren Lebensunterhalt. Durch das Ausbleiben von Besucher*innen fällt diese Einnahmequelle vollständig weg.