In der Erdbebenregion an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien ist weiter keine Entspannung in Sicht. Am Samstag traf ein Beben der Stärke 5,2 die zentralanatolische Provinz Niğde, wie die Istanbuler Erdbebenwarte Kandilli mitteilte. Das Epizentrum lag demnach im Bezirk Bor. Kurz zuvor hatte es nach Angaben der türkischen Katastrophenschutzbehörde AFAD mehrere Beben mit einer Stärke von mehr als 4 gegeben, unter anderem in der bereits stark verwüsteten Provinz Hatay und im kurdischen Meletî (tr. Malatya). In Çewlîg (tr. Bingöl) bebte die Erde vergangene Nacht mit einer Stärke von 4,4. Das Epizentrum lag im Kreis Bongilan (Solhan). Angaben zu Opfern und Schäden gab es zunächst nicht.
Von syrischen Stellen wurden innerhalb von 24 Stunden insgesamt mehr als 60 Nachbeben erfasst, wie das Erdbebenzentrum des Landes am Samstag mitteilte. Im benachbarten Irak seien zwei Beben gemeldet worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur INA. Berichte über Opfer oder Schäden gab es auch hier zunächst nicht.
Mehr als 9.100 Nachbeben
Die Türkei und ihre Anrainerstaaten sind immer wieder von schweren Erdbeben betroffen. Der Grund sind geologische Vorgänge tief unter der Erde. In der Region stoßen mehrere Kontinentalplatten aufeinander: Die arabische Platte schiebt sich nordwärts in die eurasische Platte und zwingt die dazwischenliegende anatolische Platte jedes Jahr zwei Zentimeter weiter nach Westen. Die Spannung baut sich über Jahre auf und entlädt sich dann plötzlich auf einen Schlag in Form eines Bebens. Am 6. Februar hatten zwei Beben der Stärke 7,8 und 7,6 mit Epizentrum Gurgum (Maraş) den Südosten der Türkei und den Nordwesten Syriens erschüttert. Darauf folgten nach türkischen Angaben mehr als 9.100 Nachbeben.
Türkei bestätigt 44.218 Todesopfer
Die Zahl der registrierten Toten ist indes auf mehr als 50.000 gestiegen. Allein in der Türkei habe es 44.218 Opfer gegeben, teilte AFAD am Samstagmorgen mit. Aus Syrien meldete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zuletzt 5.900 Tote, die Zahl wurde allerdings seit knapp zwei Wochen nicht mehr aktualisiert. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) geht laut einer Mitteilung von Freitagabend von mehr als 6.700 Toten aus.
Größte Katastrophe in der modernen Geschichte der Türkei
Laut der türkischen Regierung sind 20 Millionen Menschen im Land von den Auswirkungen der Erdbebenserie betroffen. Das Beben der Stärke 7,8 ist die schlimmste Katastrophe in der modernen Geschichte der Türkei. In elf Provinzen liegen ganze Städte in Trümmern. Die Schäden werden auf bis zu 80 Milliarden Euro geschätzt. Für Syrien gehen die Vereinten Nationen von 8,8 Millionen Betroffenen aus.