Die Natur in Kurdistan wird ausgebeutet und zerstört. In der nordkurdischen Region Şirnex (tr. Şırnak) sind den ganzen Sommer über Wälder abgeholzt und niedergebrannt worden. Zuletzt wurde bekannt, dass im November und Dezember 500 Wildziegen von Dorfschützern in der Gemeinde Sêgirkê in Qilaban (Uludere) erlegt worden sind. Aktuell leidet die Umwelt insbesondere unter den Abwässern des Kohleabbaus an den Ausläufern des Cûdî-Gebirges. Die Abwässer werden in den Fluss Nerduş geleitet, der im Gebirge entspringt und in den Tigris mündet. Der kleine Fluss fließt an Dutzenden Dörfern vorbei durch die Ebenen von Silopiya und Cizîr. In den letzten zwei Jahren hat die Verschmutzung des Wassers stark zugenommen und beeinträchtigt Ackerbau und Viehzucht in der Region.
Nach Angaben des HDP-Abgeordneten Hüseyin Kaçmaz hat das Wasser des Nerduş seit zwei Jahren eine schwarze Farbe angenommen. „Die Menschen in den anliegenden Dörfern leiden unter der Verschmutzung und sind sehr aufgebracht. Trotz aller Proteste und Bemühungen ist noch keine Lösung des Problems in Sicht. Die staatlichen Behörden haben ihre Zusagen nicht eingehalten und sind für die Wasserverschmutzung verantwortlich“, erklärte der Politiker gegenüber ANF.
Die ansässige Bevölkerung habe den Nerduş für Trinkwasser, Landwirtschaft und Tierhaltung genutzt, sagte Kaçmaz: „Seit zwei Jahren können die Menschen das Wasser überhaupt nicht mehr nutzen. Der Nerduş hat eine lebenswichtige Bedeutung für die Bevölkerung. Nicht nur die Menschen leiden unter der Verschmutzung, sondern auch Tausende weitere Lebewesen. Das schmutzige Wasser lässt Fische und andere Tiere verenden.“
Der HDP-Abgeordnete will weiter gegen die Umweltverschmutzung vorgehen und die Bevölkerung bei ihrem Protest unterstützen. Seiner Ansicht nach hat die AKP/MHP-Regierung ganz Kurdistan und die Türkei zu Gebieten der Ausbeutung und des Profits gemacht. „Insbesondere seit 2015 wird eine zerstörerische Politik in Kurdistan umgesetzt. Der Staat lässt die Berge Gabar und Cûdî in Şirnex verbrennen. Im letzten Sommer sind im Cûdî-Gebirge ungefähr fünfzig Mal bewaldete Gebiete von Dorfschützern und Soldaten angezündet worden. Zehntausende Bäume sind hier von Dorfschützer gefällt worden. Diese Politik richtet sich explizit gegen die Kurden und die Natur Kurdistans. Es macht den Eindruck, als ob Rache an der Umwelt genommen werden soll. Es werden Bäume gefällt und verbrannt und das Wasser wird verschmutzt. Das ist eine spezielle Politik, die nur in Kurdistan angewandt wird und mit der die Lebensbereiche der Bevölkerung zerstört werden sollen. Die Regierung will die Menschen in der Region von sich abhängig machen. Das kurdische Volk ist sich dessen bewusst und hält dagegen.“
In letzter Zeit ist der Kohleabbau für viele Arbeiter zur tödlichen Falle geworden, hält der Abgeordnete weiter fest: „In Şirnex gibt es über hundert Stellen, an denen Kohle abgebaut wird. In keiner der Minen wird auf die Sicherheit der Arbeiter geachtet. Solange die kurdische Frage nicht gelöst ist, betrachtet der Staat die Berge als militärisches Sperrgebiet. Sie sind jedoch der Lebensbereich und die Einkommensquelle der ansässigen Bevölkerung. Daher gibt es kaum andere Arbeitsmöglichkeiten als im Kohleabbau. Früher haben die Menschen in Şirnex vor allem von der Land- und Viehwirtschaft gelebt. Da die Berge und die Hochalmen zu Sperrgebieten erklärt worden sind, bleibt den Menschen nur die Arbeit in den Kohleminen als Einkommensquelle. Von dem Kohlevorkommen in der Region profitieren vor allem AKP-Anhänger. Es sind jedoch die armen Menschen, die dabei ihr Leben verlieren.“