Türkisches Parlament berät über nationales Klimaschutzgesetz

Im türkischen Parlament wird über das erste Klimaschutzgesetz diskutiert. Der Gesetzesvorschlag stammt von der regierenden AKP und sieht auf dem Papier umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels vor. Die Opposition ist skeptisch.

Opposition äußert Zweifel an Ernsthaftigkeit des Vorhabens

Nach der Ramadan-Pause nimmt das türkische Parlament seine Arbeit mit einem vollen Programm wieder auf. Im Fokus steht in dieser Woche ein Meilenstein in der Umweltpolitik: Das erste Klimaschutzgesetz der Türkei soll ab heute im Plenum diskutiert werden. Der Gesetzesvorschlag stammt von der Regierungspartei AKP und sieht auf dem Papier umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels vor.

Koordinationsräte und nationale Klimapolitik

Zentrales Element des Gesetzes ist die Einrichtung von Klima-Koordinationsräten in allen Provinzen, geleitet von den jeweiligen Gouverneuren. Ziel soll sein, auf lokaler Ebene konkrete Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen umzusetzen. Gleichzeitig soll eine nationale Behörde für Klimawandel eingerichtet werden, die sektorspezifische Analysen erstellt, Anreizsysteme entwickelt und die Grundlage für eine sogenannte „Grüne Taxonomie der Türkei“ schaffen soll.

Neue Regeln für den Import und Emissionshandel

Ein weiterer Bestandteil des Gesetzes ist die Einführung eines Grenzausgleichsmechanismus für CO₂ – also Vorschriften für die Emissionen, die in importierten Produkten „versteckt“ sind. Außerdem ist die Gründung eines nationalen Emissionshandelssystems geplant, das von einem Ausschuss für den Kohlenstoffmarkt reguliert werden soll.

Unternehmen, die direkt zur Erzeugung von Treibhausgasen beitragen, sollen künftig eine offizielle Emissionsgenehmigung benötigen. Verstöße gegen die Berichtspflichten, etwa die verspätete Einreichung von Emissionsdaten, sollen mit Bußgeldern von 500.000 bis zu fünf Millionen Türkischen Lira geahndet werden.

Viel Gesetz – wenig Glaubwürdigkeit

Während die Regierung das Gesetz als Fortschritt im Kampf gegen den Klimawandel präsentiert, reagiert die Opposition mit Skepsis. Denn die Realität vor Ort widerspricht häufig dem angekündigten Wandel: Unter der AKP-geführten Regierung hat sich eine wachstumsorientierte, auf extraktivistischer Ausbeutung basierende Politik verfestigt. Wälder werden für Bauprojekte, Bergbau und Infrastrukturvorhaben systematisch gerodet, während gleichzeitig neue Tagebaue entstehen – oftmals gegen den Widerstand lokaler Gemeinden und ohne transparente Umweltverträglichkeitsprüfungen.

Wohl nur ein Papiertiger

Projekte wie der Bau von Wasserkraftwerken, Flughäfen, Autobahnen und Minen in ökologisch sensiblen Gebieten werden von Umweltorganisationen und zivilgesellschaftlichen Akteuren regelmäßig als „Umweltmassaker“ bezeichnet. Statt auf klimafreundliche Energieformen wie Wind- oder Solarenergie zu setzen, dominieren weiterhin fossile und umweltschädliche Großprojekte das wirtschaftliche Leitbild der Regierung. Für viele Beobachter:innen stellt sich daher die Frage, ob das geplante Klimaschutzgesetz mehr als ein symbolischer Schritt ist – möglicherweise auch, um sich auf internationaler Bühne, etwa gegenüber der EU, grüner zu präsentieren. Ohne einen grundsätzlichen Politikwechsel bleibt das Gesetz für viele Kritiker:innen ein Papiertiger.