Seit Montagmorgen reißen Polizeikräfte Tore, Barrikaden und Gerüste an den Eingängen des Weilers Lützerath ein, um dem Tagebaubetreiber RWE Zugriff auf die Braunkohle unter dem Dorf zu ermöglichen. Klimaaktivist:innen von Lützerath Lebt!, die sich den Abrissarbeiten in den Weg stellen, haben am Dienstagnachmittag nach 48 Stunden Protest den „Tag X“ ausgerufen. Tag X ist der Beginn des Widerstands gegen den Räumungsversuch in Lützerath. Es wird dazu aufgerufen, diesen Widerstand vor Ort zu unterstützen. In vielen Städten in Deutschland finden heute auch dezentrale Protestaktionen statt.
Mit Polizeihundertschaften in die Klimahölle
Über die beginnende Demolierung des Dorfs ist Lakshmi Thevasagayam von Lützerath Lebt! schockiert: „Ich kann es nicht fassen, wie hier mehrere Hundertschaften und schwerste Geräte aufgefahren werden, um uns immer weiter in die Klimahölle zu treiben. Lützerath ist kein Symbol. Hier ist so viel Kohle im Boden, dass damit die von der Politik selbst gesteckten Klimaziele nicht erreicht werden. Wie kann die Politik und die Polizei für den Profit weniger und gegen das Überleben von so vielen Menschen sein?“
Aktivist:innen fordern Unterstützung
Die Aktivist:innen im Dorf hoffen nun auf viel Unterstützung, um das Vorrücken der Polizei zu stoppen. Dass sie diese bekommen können, zeigt der Aufruf X-tausend.de, den über elftausend Entschlossene unterschrieben haben, die bereit sind, sich schützend um das Dorf zu stellen. Ihr Protest kann das Ruder herumreißen, denn die Räumung steht auf fragwürdigen gesetzlichen Grundlagen. Die angebliche energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Tagebau Garzweilers ließen die Grünen noch 2021 als Oppositionspartei prüfen. Verfassungsrechtler Prof. Dr. Georg Hermes kam zu dem Schluss, dass die Bevorzugung des Tagebaus ohne Prüfung der Erforderlichkeit unrechtmäßig sei. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung belegte dazu im April, dass die Inanspruchnahme der Kohle unter Lützerath für die Energiesicherheit nicht benötigt wird.
Warum ziviler Ungehorsam notwendig ist
Sprecherin Dina Hamid von Lützerath Lebt! erklärt, weshalb die Aktivist:innen zivilen Ungehorsam wie Blockaden für nötig halten: „Seit Jahren haben wir alles versucht: Unterschriften gesammelt, auf Demonstrationen protestiert, an der Seite der Wissenschaft an die Politik appelliert. Doch wir rasen weiter auf das Überschreiten von Kipppunkten zu, deren Auswirkungen niemand mehr kontrollieren kann. Klimaschutz heißt schon lange nicht mehr nur das Licht hinter sich auszuschalten, sondern dass Millionen Tonnen Kohle im Boden bleiben, wie im Hambacher Forst. Dafür werden wir kämpfen.“