Istanbul: Polizei verbietet Kundgebung gegen Waldbrände am Cûdî

Die Istanbuler Polizei hat eine Kundgebung gegen die vom türkischen Militär am Cûdî entzündeten Waldbrände verboten. Die HDP-Abgeordnete Züleyha Gülüm bezeichnete die Maßnahme als einen „erbärmlichen Versuch“, sozialen Dissens zu ersticken.

Eine von Umweltorganisationen im Istanbuler Bezirk Kadıköy geplante Kundgebung gegen die Politik der verbrannten Erde am Berg Cûdî ist von der Polizei unterbunden worden. Begründet wurde das Verbot mit einer Verordnung des örtlichen Landratsamtes, wonach Versammlungen auf Grundlage der Corona-Verordnungen nicht gestattet seien. Die HDP-Abgeordnete Züleyha Gülüm bezeichnete die Maßnahme als Beispiel der Willkürjustiz in der Türkei und einen „erbärmlichen Versuch“, sozialen Dissens zu ersticken.

Seit Beginn der Sommerzeit brennt es am Çiyayê Cûdî – und das jeden Tag. Sobald ein vom Militär gelegter Brandherd auf dem imposanten Berg in der nordkurdischen Provinz Şirnex (türk. Şırnak) von Freiwilligen trotz Androhung von Repression in Eigeninitiative gelöscht wird – die Behörden verweigern nicht nur in der Regel die Brandbekämpfung, sie verhindern sie auch gezielt – entsteht an anderer Stelle schon der nächste. Offiziell wird die ökologische Vernichtung mit der sogenannten Aufstandsbekämpfung begründet. Man wolle mögliche Rückzugsräume der Guerilla zerstören, heißt es immer wieder.

Um die Öffentlichkeit auf die gezielte Zerstörung von Lebensräumen für Menschen und Tiere am Cûdî aufmerksam zu machen, hatte Hasan Özgüneş, HDP-Abgeordneter für die Region Şirnex, letzten Donnerstag einen dreitägigen Sitzstreik aufgenommen. Mit der Aktion, die breite Unterstützung fand, protestierte der Parlamentarier gegen das Schweigen der Verantwortlichen in Ankara.

Parlamentarier Hasan Özgüneş am letzten Tag des Sit-ins in Şirnex

Kritik richtete Özgüneş aber auch in die Richtung von Umweltorganisationen im Westen der Türkei. Jeder Mensch, der sich der Natur verbunden fühlt, sollte an der Verteidigung der Wälder in Kurdistan teilnehmen. „Für den Erhalt unserer Umwelt müssen wir alle gemeinsam kämpfen“, lautete die Botschaft des Abgeordneten.

Für die Zukunft eintreten

Daran knüpften auch die Aktivistinnen und Aktivisten in Istanbul an. Das Bündnis besteht aus dem Ökologierat des Demokratischen Kongresses der Völker (HDK), der marxistischen Ökologiebewegung Polen, der Istanbuler Zweigstelle der Initiative „Solidarität mit dem Ida-Gebirge“ und der Gruppe „Kinder der Natur“. Im Rahmen der Kundgebung vor dem Operngebäude Süreyya, die auch vom HDP-Abgeordneten Musa Piroğlu und Mitgliedern des Provinzverbands der HDP Istanbul unterstützt wurde, sollte lediglich eine öffentliche Erklärung abgegeben werden.

HDP-Abgeordneter Musa Piroğlu (im Rollstuhl)

„Das ist schon zu viel des Guten für diese Regierung. Sie will mit Maßnahmen, die im Widerspruch ihrer eigenen Gesetze stehen, die Stimme derer ersticken, die sich für die Zukunft von uns allen einsetzen“, kritisierte Züleyha Gülüm. Entmutigen lasse sie sich aber nicht: „Wir sind entschlossen, für unsere Zukunft einzutreten. Wir werden nicht dabei zusehen, wie unsere Wälder, Täler und Berge, unsere Tiere und unsere Natur ausgeplündert und vernichtet werden.“ Die Zusammenkunft endete mit Beifall und der Ankündigung, weitere Aktionen gegen die Waldbrände am Cûdî durchzuführen.