Ikizdere: Proteste gegen Steinbruch verboten
Der türkische Gouverneur der Schwarzmeerprovinz Rize hat für 15 Tage sämtliche Proteste gegen das umstrittene Steinbruchprojekt in Ikizdere verbieten lassen.
Der türkische Gouverneur der Schwarzmeerprovinz Rize hat für 15 Tage sämtliche Proteste gegen das umstrittene Steinbruchprojekt in Ikizdere verbieten lassen.
Seit Wochen protestieren die Bewohner:innen von Ikizdere gegen ein Steinbruchprojekt. Das Projekt droht, die abgesehen von kleiner Landwirtschaft ökologisch unberührte Region nachhaltig zu schädigen. Das Projekt wurde gegen den Willen der Bevölkerung nach deren Enteignung per Präsidialdekret durchgesetzt und am 21. April im Gebiet des Tals Işkencedere begonnen. Seitdem halten die Proteste an und erreichen in der Türkei und Kurdistan eine breite Öffentlichkeit. Der Gouverneur ließ nun zunächst für 15 Tage jegliche Proteste verbieten. In der Begründung des Gouverneursamts heißt es, auf diese Weise solle die „nationale Einheit“ gegen „provokative Aktionen“ geschützt werden. Auch die Pandemie wurde als Vorwand für das Verbot angeführt.
Die Proteste in der Region Rize haben eine besondere Brisanz für das AKP/MHP-Regime, da die Bevölkerung hier einen Teil der Stammwähler:innenschaft der AKP ausmacht. Aufgrund der rücksichtslosen Durchsetzung des Projekts droht der AKP jedoch auch hier ein deutlicher Verlust an Zustimmung.
Selbstbereicherung des Regimes an PPP-Projekten
Hinzukommt, dass das Projekt unter starkem Korruptionsverdacht steht. Cengiz Holding, das mit dem Projekt betraute Unternehmen, gehört de facto der Regierungspartei AKP und gewann laut Zahlen der Weltbank im Jahr 2018 die meisten öffentlichen Ausschreibungen in einem Jahrzehnt im weltweiten Vergleich. Wenig überraschend ist, dass Regimechef Erdoğan selbst Anteile an dem Unternehmen hält. Cengiz Holding ist Teil der sogenannten „Fünferbande“, einem Unternehmenskomplex engster Verflechtung zwischen Regime und Konzern, der massiv aus Public-Private-Partnership-Projekten profitiert.