Bergziegen auf den Straßen von Dersim

Auf den Straßen in der nordkurdischen Provinz Dersim ist es wegen der Corona-Pandemie ruhig. In der Kreisstadt Melkişî sind Bergziegen auf der Straße gesichtet worden. Die scheuen Tiere genießen einen besonderen Status im Alevitentum.

Auf den Straßen in Dersim ist es ruhig, die meisten Menschen folgen dem Aufruf, wegen der Corona-Pandemie zu Hause zu bleiben. Die ungewohnte Stille hat Bergziegen dazu verleitet, in die Kreisstadt Melkişî (Çemişgezek) zu kommen. Bewohner der Kleinstadt erklären, dass die scheuen Tiere früher nur außerhalb von Siedlungsgebieten gesehen wurden und der Anblick sie glücklich macht.

Wildtiere und vor allem Bergziegen haben im alevitischen Glauben eine heilige Bedeutung. Die Provinz Dersim ist die Region mit dem höchsten Anteil an Personen alevitischen Glaubens. Das Alevitentum ist ein Glaube an eine natürliche Gesellschaft, wonach die Beziehungen zwischen sämtlichen Lebewesen auf gegenseitiger Anerkennung fußen, auf der Grundlage einer kommunalen, solidarischen und teilenden Gesellschaft. Alle Völker sind unabhängig von ihrer Ethnie und ihrer Religion gleichwertig. Lebewesen, also Menschen, Tiere und Pflanzen gelten als heilig. Die Bergziegen genießen einen besonderen Status im Alevitentum, da sie als Herdentiere des Propheten Xizir (Hızır) verehrt werden. Der alevitischen Glaubenslehre nach lebten die Brüder Xizir und Ilyas als Propheten und tranken das „Wasser der Unsterblichkeit“, um Bedürftigen zur Hilfe zu eilen. Xizir kommt dem Glauben zufolge den Hilfsbedürftigen zu Lande zur Hilfe, Ilyas hingegen denen zur See.