Seit Montagmorgen besetzen dutzende Aktivist:innen aus der Klimagerechtigkeitsbewegung eine Baustelle im Nordosten von Wien. Dort soll die Stadtautobahn Aspern entstehen, doch derzeit werden die Bauarbeiten durch die Besetzung blockiert. „Wir sind hier, weil wir verhindern wollen dass mitten in der Klimakrise weitere Autobahnen gebaut werden“, erklärt Laura (Name geändert), eine Aktivistin am Rand der Blockade. Sie ist bereits seit Montagmorgen dabei und schläft in einem der Zelte, die jetzt da stehen, wo normalerweise Bagger die Erde aufreißen würden. „Die Klimakrise kostet schon jetzt viele Menschenleben, weil Extremwetterereignisse wie Dürren und Überschwemmungen zunehmen“, erklärt Laura weiter. „Und schon jetzt müssen Menschen ihre Heimat verlassen, weil die Klimakrise ihre Überlebensgrundlage zerstört – und in dieser Situation soll hier eine weitere Autobahn gebaut werden und das auch noch an der Lobau.“ Die Lobau ist ein Auengebiet, das sich am Stadtrand von Wien entlang der Donau erstreckt, sie ist für ihre Artenvielfalt bekannt und steht teilweise unter Naturschutz.
Viele junge Aktivist:innen stellen sich in diesen Tagen in Wien zum ersten Mal mit ihren Körpern einer Politik entgegen, die ihre Zukunft zerstört. „Die Klimakrise fügt heute schon Menschen massives Leid zu. Noch können wir das Schlimmste verhindern, aber die Politik blockiert Klimaschutz weiterhin. Deshalb sehen wir uns dazu gezwungen, neben dem Schulstreik auch weitere Formen des demokratischen Protestes einzusetzen“, erklärt Mirjam Hohl von Fridays For Future Wien in einer Pressemitteilung. „Es ist absolut untragbar, dass die SPÖ Wien mitten in der Klimakrise noch Autobahnen baut, die die Emissionen weiter in die Höhe treiben“, so die FFF-Sprecherin weiter. Neben Fridays For Future sind viele weitere Organisationen Teil der Aktionen gegen den geplanten Autobahn-Bau, darunter die Gruppe System Change Not Climate Change, Extinction Rebellion und der Wiener Jugendrat. Neben der Baustellenbesetzung gibt es auch ein angemeldetes Protestcamp, auf dem tagsüber Workshops und Diskussionen stattfinden. Dort sind auch verschiedene NGOs wie Greenpeace vertreten.
Der Anteil des Verkehrs am CO2-Ausstoß Österreichs ist zwischen 1990 und heute bereits von rund 18 Prozent auf fast ein Drittel gestiegen und wird durch neue Straßenprojekte weiter befeuert. Die Stadt Wien argumentiert, dass die neue Autobahn die Staus in der Stadt entzerre. Die Aktivist:innen halten dagegen, dass mehr Straßen lediglich dafür sorgen würden, dass noch mehr Leute Auto fahren. Sie fordern statt dem Ausbau des Straßennetzes einen massiven Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Wie lange die Aktivist:innen die Blockade noch aufrechterhalten können, ist unklar. Die Polizei hält sich bislang jedenfalls zurück. Vermutlich will die Stadt Wien verhindern, dass bei einer Räumung hässliche Bilder entstehen, die die ohnehin breite Kritik, die viele Menschen an dem Bauprojekt haben, weiter anheizt.