Ökologiebewegung: „Mesopotamien steht vor einer Apokalypse“

„Neben den Verwüstungen, die Kriege anrichten, wird aus tagespolitischem Kalkül die Illusion erzeugt, dass es einen Bedarf an fossilen Energieträgern gibt“, erklärt die Ökologiebewegung Mesopotamiens in einem Aufruf.

Die Ökologiebewegung Mesopotamiens hat eine Kampagne zum Pflanzen von Bäumen gestartet und macht auf die Umweltzerstörung in der kapitalistischen Moderne und die Auswirkungen im Nahen Osten aufmerksam. In dem Aufruf der Kampagne heißt es:

„Mesopotamien ist ein Ort wichtiger Meilensteine, beginnend mit der Suche nach Leben und der Herausbildung der ersten Formen sozialer Organisation, wie dem Bedürfnis nach Nahrung und Unterkunft. Seine natürliche Struktur, die eine Vergesellschaftung auf höchstem Niveau ermöglicht, hat es zu einem wichtigen Gebiet gemacht, in dem viele Ethnien, Sprachen, Kulturen und religiöse Strukturen entstanden sind. Die kapitalistische Moderne hingegen und ihr ideologischer Apparat, der Nationalstaat, haben Mesopotamien in ein Schlachtfeld verwandelt. In Mesopotamien hat sich die Umwelt in ein Terrain des Todes und der Vernichtung verwandelt. Endlose Konflikte führen zu ethnischen Säuberungen, Vergewaltigungen und systematischer Folter von Hunderttausenden von Menschen, insbesondere von Frauen und Kindern, sowie zu irreparablen Schäden und Zerstörungen des gesamten Lebensraums. Mesopotamien steht vor einer Apokalypse."

Das Ökosystem wird zerstört

Millionen von Menschen haben durch die Kriege, die Nationalstaaten und die imperialistische Denkweise seit dem Golfkrieg ausgelöst haben, ihr Leben verloren, heißt es weiter in der Erklärung: „Menschen werden durch Migrationswellen in einen unklaren Prozess hineingezogen. Infolge der Kriegszerstörungen sind die Wasserressourcen erschöpft, die Wälder verbrannt und ausgeraubt, und Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche sind vergiftet und unfruchtbar geworden. Kriege um Nationalstaaten in der Region, in der das globale kapitalistische System die Macht ausübt, verwandeln sich in Konflikte um Territorien und natürliche Ressourcen. Während die Schilfgebiete in Basra im Irak zerstört werden, trocknet der Urmia-See im Iran aus und die Wälder in Syrien werden bombardiert. Der Lauf von Flüssen wird mit dem Argument verändert, dass die Staaten der Region Strom und Wasser benötigen. Durch den Bau von Dämmen und Wasserkraftwerken an den Flüssen Tigris, Euphrat, Aras und Munzur wurden Täler, Waldgebiete, landwirtschaftliche Flächen und Siedlungen überflutet. Die Wasserumwelt wird zerstört, weil die Fließrichtung behindert wird.

Plünderungen sind nicht zu legitimieren

Neben den Verwüstungen und Zerstörungen, die Kriege anrichten, wird aus tagespolitischem Kalkül die Illusion erzeugt, dass es einen Bedarf an fossilen Energieträgern gibt. Die Entwicklung von Wärme-, Erdwärme- und Kernkraftwerken geht weiter, trotz der guten Nachrichten über Erdgas. In der Türkei hat sich der Raubbau an der Natur verschärft, vor allem mit dem Fortschreiten der Covid-Pandemie. In İkizdere werden Bäume für Steinbrüche gefällt, während sie am Cûdî, in Licê und Çewlîg aus Sicherheitsgründen abgeholzt werden. Waldflächen werden unter Berufung auf das ,öffentliche Interesse' durch Änderung von Verordnungen und Gesetzen an Gebäude, Touristen und Energiekonzerne vergeben. In der jüngsten Verordnung wurde die Übertragung von Olivenbäumen für den Fall vorgesehen, dass Bergbauaktivitäten zur Stromerzeugung mit Gebieten zusammenfallen, die im Grundbuch als Olivenhaine ausgewiesen sind. Hunderte von Hektar Wald wurden in den letzten drei Monaten als Wald ausgewiesen. In diesem Jahrhundert, in dem sich das Klimaproblem verschärft hat, ist die Zerstörung von Lebensräumen und kulturellen Werten sowie die Legitimierung von Raubbau durch Verordnungen nicht hinnehmbar."

Aufforstungskampagne in Mesopotamien

Vor diesem Hintergrund startet Ökologiebewegung Mesopotamiens eine Kampagne und ruft dazu auf, bis Ende April Bäume zu pflanzen: „Wir appellieren an alle mesopotamischen Völker, politischen Parteien, Nichtregierungsorganisationen, Arbeiter:innen, Frauen, Jugendliche, Kinder und die breite Öffentlichkeit: Beteiligen Sie sich an unserer Aufforstungskampagne, egal wo Sie sich befinden, von unseren Hinterhöfen bis zu unseren Balkonen, von unseren Straßen bis zu den Schulgärten und von unseren Dörfern bis zu den Ebenen und Bergen."