Reisetagebuch: Der Süden widersteht – Tag 4

Nach einem Besuch der Karawane „Der Süden widersteht“ haben Polizei und Militär das Protestcamp „Tierra y Libertad“ überfallen und sechs Personen verschleppt. Das Camp wurde zerstört und geplündert.

Vorab eine Triggerwarnung: Staatsgewalt, Militär, Waffen, Verhaftungen

+++ Wir fordern die sofortige Freilassung und das gesunde Auftauchen der Genoss:innen Maria Magdalena Martinez Isabel, Fernando Hernandez Gomez, Adela Severo Teodoro, Esperanza Martinez Isabel, Elizabeth Martinez Isabel und Eliodoro Martinez Isabel. Ihr Verbleib ist unbekannt. +++  Nur Stunden nach dem Besuch des Protestcamps „Tierra y Libertad“ durch die Karawane „El Sur Resiste“ griffen bewaffnete und vermummte Einheiten der Nationalgarde, der Staatspolizei und der Marinecorps gegen 10:38 Uhr das Camp an, verhafteten die genannten Genoss:innen, schlugen die Genossin Adela Severo und zerstörten Großteile des Camps. Nach 60 Tagen des friedlichen Protests gegen die Bauarbeiten des „interozeanischen Korridors ist dies ein weiterer Angriff der Regierung und Unternehmen gegen das Leben und, einen Tag nach dem Besuch der Karawane, ein Einschüchterungsversuch gegen den Widerstand vor Ort und die gesamte Karawane. Das Lager wurde zerstört und Habseligkeiten gestohlen. Zurzeit findet eine Versammlung statt, um über die zu ergreifenden Maßnahmen zu entscheiden. Wenn sie „Tierra und Libertad“ angreifen, greifen sie uns alle an. Wo es Repression gibt, wird Mobilisierung und Widerstand folgen. Die entsprechenden Communicados des CNI, des Menschenrechtzentrums Frayba und weiterer Menschenrechtsorganisationen werden auf https://deinebahn.com/ übersetzt veröffentlicht. Für aktuelle Infos folgt @TrenMayaStoppen auf Twitter, Instagram und Mastodon.

28. April 2023: Nach einem langen Abend in Erinnerung an die ermordeten Defensoras Bety und Jyri beginnt der nächste Tag dennoch früh – doch süßer Kaffee und leckere Tamales stärken für das folgende Programm. Allerdings ahnen wir noch nicht, was in weniger als drei Stunden am westlichen Ende des Isthmus passieren wird, den wir gestern passierten.

So ist die Stimmung kämpferisch-ausgelassen, als wir uns am Ortseingang in brütender Hitze zu einem großen Demonstrationszug versammeln. Dieser wird uns durch ganz Oteapan führen, begonnen im Barrio „Las Tintas“, dessen Bewohner:innen für diverse Megaprojekte umgesiedelt werden sollen. Viele Menschen schließen sich hier dem Demonstrationszug an, und hunderte Menschen ziehen Richtung Stadtpalast am Hauptplatz.

Vor filmenden Polizisten mit Maschinengewehren berichteten die compas – jung und alt – von den Problemen in der Region und ihrem Widerstand. Die Forderungen sind eindeutig: Es wird ein Stopp des giftigen Bergbaus in der Sierra von Santa Marta gefordert, das Ende der Ausbeutung von Kohlenwasserstoffen (Öl und Gas) in den Ebenen rund um die Gemeinden, ein Stopp der land-raubenden Windparks und des Großunternehmenstourismus in Richtung Küste, eine Absage der geplanten Giftmülldeponien in den indigenen Territorien der Region, sämtlichen Rückzug von Projekten der Land- und Gebietsenteignung und Vertreibung, Industrieparks und Bergbau des Todes, die Enteignung und Privatisierung des Wassers: „Nein zum interozeanischen Korridor, nein zur Militarisierung. Eine andere Wirtschaft ist in den Händen des Volkes möglich. Wir fordern Respekt für unser Recht auf Selbstbestimmung und Autonomie.“

Vor einem Jahr gelang es dem Movimiento Regional Indígena en Defensa y Respeto por la Vida bereits, im Hochland den Bau eines Industrieparks auf dem Land der Ejidos zu verhindern, und die Arbeiten eines Unternehmens, das versuchte, Öl aus dem Land zu fördern, wurden eingestellt. Gleichzeitig hat die Bewegung mit immer neuen und schwerwiegenderen Repressionen zu kämpfen.

Dies liegt auch daran, dass mit dem „interozeanischen Korridor“ immer mehr Großprojekte in der Region angesiedelt werden sollen. Bereits jetzt führt hier die wichtigste Autobahn des Isthmus entlang. Zu dieser wandert die Demo nun, und erreicht schließlich die zentrale Kreuzung. Hier soll eine kraftvolle Abschlusskundgebung stattfinden, bevor die Karawane derselben Carretera Richtung Osten folgen will. Menschen aus vielen umliegenden Gemeinden sind dafür angereist. Sie kämpfen gegen Minen und andere Großprojekte, die nicht nur ihre Ländereien und Lebensweise zerstören, sondern auch die Umweltschätze der Region und einzigartige archäologische Stätten der prä-kolumbianischen Zeit. Doch es werden nur zwei Redebeiträge verlesen werden können – unter anderem das Communicado zur Karawane am heutigen Tag, zum Kampf hier in Oteapan im Süden des Bundesstaates Veracruz, welches im Anhang dieses Artikels in Gänze ins Deutsche übersetzt worden ist. Es endet mit den folgenden Worten: „Die Ermordung von Verteidigern der Menschenrechte und der Territorien geht weiter; die Drohungen und Anschuldigungen gehen weiter, in den letzten Wochen etwa gegen unseren Genossen Carlos Beas von UCIZONI“ (im Protestcamp Tierra y Libertad).

Bald wird sich Carlos Beas von der Organisation UCIZONI bei uns melden. Zunächst wird von indigenen Verteidiger:innen des Bosque Chancate von den hochgiftigen Resten der Erdölraffinerien, den coque gesprochen, welche sich durch den starken Wind im Isthmus immer weiter ausbreiten und Boden wie Trinkwasser verseuchen. Andere Gemeinde-Vertreter:innen sprechen von dem Schaden durch den Transismic Highway, vor dem wir gerade stehen, da er ihr Ejido-Land, welches eigentlich zum Anbau von Gemüse diente, durchquert. Danach berichten Frauen verschiedener Gemeinden von ihren autonomen Bildungsprojekten: Sie haben mehrere Schulen gegründet, einige ausschließlich für Frauen, u.a. zur Herstellung traditioneller Medizin aus Heilpflanzen. Der Erlös kommt der juristischen Begleitung von Frauen zugute, die körperliche und sexuelle Misshandlung und Gewalt erlitten haben. Don L. aus Raul Saltillo fängt gerade an, vom Widerstand seiner Gemeinde gegen die Nationalgarde zu berichten, als wir die folgende Nachricht erhalten – das Programm wird augenblicklich unterbrochen:

„In den frühen Morgenstunden dieses Tages haben die mexikanische Marine, die Nationalgarde und die Polizei des Bundesstaates Oaxaca das Camp Tierra y Libertad geräumt, das die indigene Mixe-Gemeinde von Mogoñé Viejo seit 61 Tagen auf den Eisenbahnschienen unterhält, die Teil des Megaprojekts ,Interozeanischer Korridor' sind. Sechs Genoss:innen wurden verschleppt: María Magdalena Martínez Isabel, Fernando Hernández Gómez, Adela Severo Teodoro, Esperanza Martínez Isabel, Elizabeth Martínez Isabel und Eliodoro Martínez Isabel, ihr Verbleib ist noch immer unbekannt. Außerdem wurde unsere Kollegin Adela Severo von Elementen dieser militärischen Gruppen verprügelt. Der Angriff hat einen Raum verletzt, der hauptsächlich aus indigenen Frauen besteht, die ihr Territorium verteidigen. Es handelt sich um einen gewalttätigen, frauenfeindlichen, klassistischen, rassistischen und patriarchalischen Angriff, für den wir die drei Regierungsebenen (Gemeinde, Bundesstaat und Bund) verantwortlich machen. Es handelt sich um den Akt einer totalitären und repressiven Militärregierung, die ökonomische Interessen vertritt. Wir lehnen diese kriminelle Aktion der Inhaftierung und physischen Unterdrückung von Frauen ab. Es ist eine patriarchalische Aktion, die darauf abzielt, diejenigen zu demontieren, die dem Kampf für das Leben und die Verteidigung der Mutter Erde gegen die Projekte des Todes Kraft und Würde verleihen. Gestern, am Donnerstag, den 27. April, sind wir als Karawane "Der Süden widersteht" durch das von den Schwestern und Brüdern von Mogoñé verteidigte Gebiet gereist, sie haben uns von den Spannungen erzählt, die sie aufgrund der Räumungsdrohungen der Bundesregierung erleben. Wir als Karawane haben die Schikanen erlebt, die mit der ständigen Präsenz der Marine, der Nationalgarde und der Beamten des Nationalen Migrationsinstituts einhergehen, die uns während unserer Reise aufgezeichnet und beobachtet haben. Wir fordern ein Ende der Unterdrückung und Verfolgung unserer Kameraden, die unser Territorium verteidigen. Wir fordern ein Ende der Einschüchterung der Karawane und der Kämpfe der Völker, die sich gegen den Interozeanischen Korridor, den so genannten Maya-Zug und alle Todesprojekte dieser schlechten Regierung wehren. Wir fordern das sofortige Erscheinen der inhaftierten GenossInnen. Wir machen die Bundesregierung unter Andrés Manuel López Obrador verantwortlich für das Klima der Spannung und Gewalt, das gegen unsere Genossen und gegen alle Organisationen, die sich ihren Todesprojekten entgegenstellen, erzeugt wird. Wenn sie ein Dorf angreifen, werden wir alle reagieren!

Wisst, dass sie uns nicht einschüchtern, wie unsere Schwester Betty Cariño, die gestern ihren 13. Jahrestag der Ermordung in einem kriminellen Akt des Staates gegen eine humanitäre Karawane, ähnlich dem, den wir heute in Mogoñé Viejo erlebt haben, feierte, uns lehrt: Sie haben Angst vor uns, weil wir keine Angst vor ihnen haben.“

So erlebte und kommunizierte die nationale und internationale Karawane „Der Süden widersteht" den heutigen Angriff. Wir hatten damit gerechnet, dass viele der Orte, die wir mit dieser Karawane besuchen, starken Repressionen ausgesetzt sein werden, da sie dies bereits seit Jahren sind. Doch der Angriff eines Großaufgebots der Marine ist auch ein Einschüchterungsversuch gegen die Karawane, und es ist ein Akt der Feigheit – die Genoss:innen waren erschöpft und erfüllt gleichermaßen vom gerade erst vergangenen Besuch der Karawane, als sie angegriffen wurden. Videos zeigen, wie sich Frauen den Bewaffneten mutig entgegenstellen, die sie schlagen und die Banner, die wir gestern gemeinsam in die Höhe hielten, zu Boden warfen.

Die Besetzung selbst gab kurze Zeit später bekannt: „15 Uhr: Wir geben bekannt, dass die im Rahmen der gewaltsamen Räumung von Mixe-Kleinbäuer:innen in Mogoñe Viejo verhafteten vier Kleinbäuerinnen und zwei Kleinbauern bis jetzt nicht wieder aufgetaucht sind. Wir vermuten, dass sie in die Hauptstadt des Bundesstaates Oaxaca gebracht wurden. Räumung und Verhaftungen der von den Modernisierungsarbeiten an der Eisenbahn im Isthmus von Tehuantepec betroffenen Menschen wurden durch dutzende Mitglieder des Sekretariats der Marine, der staatlichen Polizei und der Nationalgarde durchgeführt. Seit 12:40 Uhr wird auf der Höhe der Brücke Malatengo eine Straßenblockade durchgeführt, die unter Einschüchterungen des Sekretariats der Marine leidet. Das geräumte Lager ,Tierra y Libertad' wurde derweil erneut eingerichtet. Internationale Menschenrechtsorganisationen und dutzende nationale Organisationen bringen ihre Empörung über den Angriff auf die Mixe-Kleinbäuer:innen zum Ausdruck und fordern die sofortige Freilassung der Verhafteten.“

Es war keine Option, zurückzufahren um die Genoss:innen vor Ort zu unterstützen. Erstens könnte es sich um eine Falle handeln, zweitens ist es sicherlich ein Ziel des Angriffs gewesen, den weiteren Verlauf der Karawane und ihren Besuch bei verschiedenen weiteren Widerständen zu verhindern.

Eine Räumung durch die Nationalgarde und die Marine eines Lagers, das sich gegen den Bau des interozeanischen Korridors wehrt, der mit dem „Maya"-Zug verbunden werden soll, Stunden nachdem die #ElSurResiste-Karawane dort vorbeigezogen ist? Es besteht kein Zweifel, dies kommt von oben und mit einer Botschaft.

Doch blieb die Botschaft der Karawane nicht aus: Unmittelbar nach der Nachricht vom Angriff wurde die wichtige Handelsroute, die „interozeanische Autobahn“, vor der wir demonstrierten, blockiert. In Reden wurde das sofortige Auftauchen der Verschleppten gefordert, und deutlich gemacht, dass man sich nicht durch diese feigen Angriffe einschüchtern lässt. International wurde Solidarität bekundet.

Nach circa einer Stunde setzte die Karawane ihre Reise Richtung Tabasco fort. Wir fahren nun auf der Autobahn, die durch den „interozeanischen Zug“ erweitert und so zur bedeutendsten Industriezone des Landes werden soll, wir sehen, gegen was im wiederaufgebauten Protestcamp „Tierra y Libertad“ gekämpft wird: Riesige Monokulturen säumen die Straße, Militär-Checkpoints, und ein Lastwagen nach dem anderen fährt an uns vorbei, beladen mit Öl oder Vieh. Von selbigen Viehweiden steigt Rauch auf, der Wald, dessen unangetastete Flecken, die manchmal aufblitzen, verraten, wie schön und wertvoll dieses Land ist, wird gerodet. Dann biegen wir ab, in dieses schöne Land: Riesige Flüsse sind das Einzige, was den hier noch dichten Wald durchschneidet, und die Sonne steigt langsam in sie hinab. Als wir an der Kirche von Villahermosa aussteigen, in der wir heute übernachten werden, versteht man kaum, dass wir uns auch hier in einem Gebiet im Ausnahmezustand befinden, welches wir morgen besuchen werden. Doch dann blickt man in die Ferne, und das rote Licht ist gar kein Sonnenuntergang, denn es nimmt ab und wieder zu, ab und wieder zu. Es sind die Flammen der gar nicht so fernen Raffinerien.

Doch heute schließen wir mit Erinnerungen an eine starke Demonstration auf der „interozeanischen Autobahn“, deren Sprüche sich im gewaltvollen Handeln der Streitkräfte bestätigten: „Wenn das Volk aufsteht, für Brot, Freiheit und Land, dann zittern die Mächtigen, vom Isthmus bis ans Meer, vom Isthmus bis an die Wüste“ – „AMLO, Lügner, verstehe es doch endlich: Der Isthmus existiert, er existiert, weil er widersteht.“

Das Communicado zur Karawane am heutigen Tag, zum Kampf hier in Oteapan im Süden des Bundesstaates Veracruz:

„Heute, am 28. April 2023, haben wir, die Nahua-Gemeinschaft von Oteapan in Koordination mit dem Centro de Derechos Humanos de los Pueblos del Sur de Veracruz ,Bety Cariño', dem Proceso de Articulación de la Sierra de Santa Marta, dem Kollektiv ,Son Altepee' und dem Movimiento Regional Indígena en Defensa y Respeto por Vida, die Ehre, das Vergnügen und die große Verantwortung, diese Karawane zu begrüße, an der wir zusammen mit vielen anderen Organisationen und Gemeinden des Südens/Südostens des Landes und mit dem Nationalen Indigenen Kongress teilnehmen.

Wir haben die Küste von Chiapas am 25. April verlassen: am 26. kamen wir durch die Gemeinde Binniza in Puente Madera, die gegen einen Industriepark des Industriekorridors kämpft, den sie auf ihrem Gemeindegebiet errichten wollen, und gestern durch das Camp Tierra y Libertad, wo die Gemeinde Mogoñe Viejo und andere nahe gelegene Gemeinden seit mehr als 60 Tagen die Modernisierungsarbeiten der interozeanischen Eisenbahn blockieren. Und morgen geht es weiter nach Villahermosa und in die Gemeinde El Bosque, wo das Meer das Dorf bereits zum Verschwinden bringt, was die sichtbare Folge der globalen Erwärmung an unseren Küsten ist. Von dort aus werden wir durch Campeche fahren, durch Yucatan, Quintana Roo und Chiapas. Am 6. und 7. Mai wird in San Cristóbal de las Casas, Chiapas, auf dem Gebiet der zapatistischen Autonomie im CIDECI Caracol Jacinto Canek ein großes internationales Treffen stattfinden.

Die Ziele der Karawane und der Treffen sind es, die Schäden sichtbar zu machen, die der Natur und den menschlichen Gemeinschaften durch die miteinander verbundenen Megaprojekte des Tren „Maya“ und des „interozeanischer Korridors“ zugefügt werden, uns zu artikulieren und uns mit dem Aufbau von Solidarität und gemeinsamen Strategien zu stärken und schließlich in der Lage zu sein, den Schmerz, die Hoffnungen und die Strategien zu teilen, die wir aufgespürt haben, um von den Kämpfen anderer Geografien zu lernen und weiterhin solidarische Netzwerke des Widerstands und der planetarischen Rebellion zu weben. Wir bringen unsere entschiedene Ablehnung dieser Megaprojekte des Todes mit ihren Industrieparks zum Ausdruck, die, wie wir aus den schrecklichen Erfahrungen unserer GenossInnen in verschiedenen Industrieregionen des Landes wissen, eine ökologische und soziale Katastrophe verursachen, wo Eltern ihre Kinder begraben, die jung an den Krankheiten sterben, die durch diese schreckliche Umweltverschmutzung verursacht werden, im Austausch für Armutslöhne ohne Sozialleistungen, weil sie gezwungen sind, Verträge für nur 3 Monate zu unterschreiben, und auch wegen der Unsicherheit und der Gewalt, die durch die allgegenwärtige Präsenz von Kartellen des organisierten Verbrechens erzeugt werden, die von den Millionen von Dollars angezogen werden, die nicht in den Händen des Volkes, sondern in den Händen der Eigentümer und Verwalter der großen Unternehmen zirkulieren.

Wir sind gegen dieses westliche koloniale Denken, das nur dazu dient, die Taschen der reichsten Menschen der Welt zu füllen, und uns nur mit Umweltverschmutzung, Wasserknappheit, Krankheiten, Nahrungsmittelverlusten, Gewalt und einer zunehmenden Militarisierung zurücklässt. Wir prangern die tägliche Praxis des Militärs und der Polizei an, die die Situation der Gewalt in den Städten der Region ausnutzen, um Geld von den Jugendlichen zu erpressen, die nicht einmal mehr nachts auf Partys gehen können, wodurch ein verschleierter Belagerungszustand geschaffen und die individuellen Freiheiten verletzt werden. Wir prangern an, dass in der Gemeinde Hidalgotitlán, wo Erdölbohrungen vorgenommen wurden, organisierte Kriminalität, Erpressung und Morde vorherrschen. Wir prangern an, dass in der Gemeinde Jaltipan die Tagebauhalde, die einen uralten Dschungel, Quellen und eine archäologische Zone zerstört hat, fortbesteht. Die Giftwolke, deren hochgiftige Partikel sich in der Luft verbreiten und auf das Land und in die Gewässer des Coatzacoalcos-Flusses fallen, einem der am stärksten verschmutzten Flüsse der Welt, mit einer sehr hohen Sterblichkeitsrate unter den Fischern, verseucht weiterhin die gesamte Region und fügt der menschlichen Gesundheit und allen Lebewesen in der Natur großen Schaden zu.

Hier in Oteapan haben wir mehr als ein Jahr lang gekämpft, um uns nicht von den Politikern der benachbarten Gemeinde Chinamcca, die von ähnlichen Projekten profitieren wollen, einen großen Teil unseres Territoriums wegnehmen zu lassen; wir wurden unterdrückt, aber wir haben nicht aufgegeben und diesen Kampf schließlich gewonnen. Und wir werden weiterhin gegen das Unternehmen COVIA kämpfen, das in unserem Teilgebiet Mineralien abbauen will, und gegen jedes Unternehmen, das sich gegen unseren Willen niederlassen will, wie zum Beispiel die regionale Mülldeponie, die sie in diesem Gebiet errichten wollen. Wenn die neuen Industrieparks des interozeanischen Korridors errichtet werden, wird sich diese Situation vervielfachen und die letzten Generationen menschlichen Lebens betreffen, die aufgrund der Klimakrise, die durch eine absurde, ungerechte, zerstörerische und völkermörderische Wirtschaftspolitik und ein auf fossilen Brennstoffen basierendes Energiemodell verursacht wird, das nicht mehr funktioniert, aber von dieser Regierung blindlings vertieft wird, vom Aussterben bedroht sind. Wir erkennen den Zugang zu Elektrizität als Menschenrecht an, aber es ist dringend notwendig, das Wirtschaftssystem zu ändern. Aber sie hören nicht auf uns; so viele Jahre haben wir im ganzen Land für die verfassungsmäßige Anerkennung des Zugangs zu Elektrizität als Menschenrecht und die damit verbundenen gerechten Stromtarife gekämpft, aber sie hören nicht auf uns. Wir appellieren nachdrücklich an die Abgeordneten und Senatoren, auf die Stimme der organisierten Zivilgesellschaft zu hören, die Anerkennung der Elektrizität als Menschenrecht, ein Bürgerwassergesetz und die Reform des Bergbaugesetzes zu verabschieden. Wir werden weder die Ausbeutung des Bergbaus in unseren Gebieten noch die Ausbeutung des Erdöls noch die Enteignung unserer Ländereien noch den Eintritt von Unternehmen zulassen. Wir verjagten bereits die Ingenieure der Öl- und Gasunternehmen. Vor einem Jahr verfolgten die Nuntajiyi-Gemeinden Amamaloya, San Pedrito und Soteapan sowie die Nahua-Gemeinde Mirador Saltillo das Unternehmen COMESA, das im Auftrag von PEMEX Explorationsarbeiten durchführte, und überzeugten die Nachbargemeinden, ihre Arbeiter nicht hineinzulassen, woraufhin sich das Unternehmen aus der Region zurückzog. Wir verurteilen die Bemühungen aller staatlichen Stellen, einschließlich des Büros des Agrar-Ombudsmanns, Druck auf die Ejidos und Gemeindebehörden auszuüben, damit ihre Gemeinden aus dem System des sozialen Eigentums aussteigen. Sie wissen, dass uns dies bei der Verteidigung unserer Rechte und Territorien schwächen würde. Und es gibt das Beispiel des Ejidos von Cosoleacaque, das kürzlich in einer Ejidaversammlung die Errichtung eines Industrieparks in seinem Gebiet abgelehnt hat. Und sie [die Unternehmen] sollten sich darüber im Klaren sein, dass wir ihnen in unseren Versammlungen nicht das Wasser geben werden, das sie für ihre Industrieparks benötigen. Wir wollen in Frieden arbeiten, wir wollen das produzieren, was wir zum Leben brauchen, wir wollen aufhören, all den Müll zu konsumieren, zu dem sie uns aufzwingen und der uns krank macht, zum Nutzen der großen Reichen dieser Welt. Sie haben zwei Umspannwerke in unseren Bergen gebaut. Wozu brauchen sie die? Wir wissen es nicht; sie wollen uns weismachen, dass es darum geht, eine gute Stromversorgung in unseren Gemeinden zu haben, aber wir glauben ihnen nicht! Warum wollen sie sie haben? Wir wissen es nicht... Es gibt keine Transparenz... Wahrheitsgemäße Informationen erreichen uns nicht. Wir haben Informationen über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die neue Gaspipeline angefordert, die von Tuxpan bis in die Gemeinde Barrillas im Bezirk Coatzacoalcos führen soll. Sie erreicht das Land in Barillas und von dort aus, wo wird sie sich mit der interozeanischen Gaspipeline verbinden? Wir wissen es nicht! In Chacalapa? Wir wissen es nicht! Was wird mit unserem Riffsystem passieren? Wir wissen es nicht! Sie verletzen unser Recht auf Information, eine wesentliche Grundlage für die Ausübung unseres Rechts auf Selbstbestimmung und Autonomie als indigene Völker. Wir, die Frauen und Männer unserer Gemeinschaften, lieben unsere Mutter Natur und wollen uns sie kümmern, und wir wollen diese Liebe unseren Töchtern und Söhnen vermitteln, aber das vorherrschende kapitalistische, patriarchalische und koloniale System pflanzt eine andere Denkweise in die Köpfe und Herzen der jungen Menschen und auch der Erwachsenen. Sie zerstören sie. Wir sind damit nicht einverstanden und werden mit all unseren vereinten Kräften dafür kämpfen, diese Zerstörung zu stoppen und eine gesunde Lebensweise für unsere Völker wieder aufzubauen, die in den Lehren unserer Vorfahren verwurzelt ist und in die Zukunft blickt. Wir, die hier Anwesenden, unsere Gemeinschaften und die gesamte Menschheit, stehen vor der großen Herausforderung, die von den Großmächten verursachte Klimakrise zu überwinden. Aus diesem Grund sind wir heute hier, um einen kollektiven Aufruf an die gesamte Gesellschaft im Süden von Veracruz, im Süden/Südosten des Landes, in ganz Mexiko, ja in der ganzen Welt zu richten, sich zu organisieren und zu artikulieren, um das Leben zu verteidigen und in Rebellion unsere nicht-kapitalistischen und nicht-patriarchalen Autonomien aufzubauen, in denen die Menschen von ihren Gemeindeversammlungen als indigene Völker oder als organisierte Nachbarschaften in den Städten regieren, ohne die Einmischung der Führer der politischen Parteien, die nur nach Macht und Geld streben, in denen wir unsere Wachsamkeit und Gemeinschaftsgerechtigkeit ausüben können. Das haben wir immer noch nicht erreicht, und deshalb müssen wir immer noch auf die offizielle Justiz zurückgreifen. Aber wir müssen unsere gemeinschaftliche Wachsamkeit stärken, wie hier in Oteapan, und unsere Gemeinschaftsjustiz umsetzen. Wir haben bereits Fortschritte in unserer autonomen kommunalen Gesundheitsfürsorge gemacht, die in Zeiten der Pandemie viele Leben gerettet hat, aber in einigen Fällen müssen wir auf öffentliche Gesundheitsdienste zurückgreifen, was immer schlimmer wird. Viele Menschen sterben, weil sie nicht angemessen versorgt werden. Wir machen auch Fortschritte in der Bildung mit unserer Schule für junge Verteidigerinnen/Gemeindeheilerinnen, weil wir erkannt haben, wie wichtig die Beteiligung der Frauen ist, um Widerstand zu leisten, aber auch um diese neue nicht-patriarchalische Gesellschaft aufzubauen, von der wir träumen, in der nicht Macht und Geld herrschen, sondern Fürsorge, Zuneigung und gegenseitiger Respekt füreinander und für Mutter Natur. Gestern Mittag in Mogoñe Viejo und gestern Abend hier bei uns haben wir am 13. Jahrestag ihrer Ermordung unserer Schwester des Herzens, Bety Cariño, gedacht, die gemeinsam mit den Frauen der Mixteca so hart für die Verteidigung des Volkes gekämpft hat. Wir gedenken auch unseres Bruders Samir Flores Soberanes und all derer, die in diesem Kampf gefallen sind. Die Ermordung von Verteidigern der Menschenrechte und der Territorien geht weiter; die Drohungen und Anschuldigungen gehen weiter, in den letzten Wochen gegen unseren Genossen Carlos Beas von UCIZONI und gegen die Genossen der Gemeinde Puente Madera; die Einschüchterungen und Repressionen gehen weiter. GENUG DER SCHIKANEN GEGEN DIE ZAPATISTISCHEN GEMEINDEN, DIE UNS WEITERHIN EINEN WEG ZUM AUFBAU UNSERER AUTONOMIE ZEIGEN. KEINE WEITEREN SCHIKANEN GEGEN DIE VÖLKER IM KAMPF DES WIDERSTANDS UND DER REBELLION. DIE ACHTUNG UNSERES RECHTS AUF SELBSTBESTIMMUNG UND AUTONOMIE FÜR EIN MENSCHENWÜRDIGES LEBEN, DAS FÜR ALLE IM EINKLANG MIT MUTTER NATUR MÖGLICH IST.“

Was europäische Unternehmen mit den Megaprojekten zu tun haben, erfahrt ihr hier: https://deinebahn.com/

Viele Informationen zum Protestcamp „Tierra y Libertad“ sind in dem Bericht El istmo resiste! von Ucizoni enthalten, der auf den Seiten www.ceccam.org und www.crisisclimaticayautonomia.org heruntergeladen werden kann.

Für aktuelle Informationen rund um die Karawane „Der Süden widersteht“:

Twitter: @AgRecherche und @TrenMayaStoppen

Websites: https://www.elsurresiste.org/, https://deinebahn.com/