„This Pact Kills“: Protest in Wien gegen EU-Asylpolitik
Wiener:innen demonstrieren gegen die GEAS-Reform und den Stopp des Familiennachzugs in Österreich – Kritik an Entrechtung und Abschottungspolitik.
Wiener:innen demonstrieren gegen die GEAS-Reform und den Stopp des Familiennachzugs in Österreich – Kritik an Entrechtung und Abschottungspolitik.
Rund hundert Menschen versammelten sich am Donnerstagabend am Christian-Broda-Platz in Wien, um gegen die geplante Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) und die restriktive Asylpolitik Österreichs zu protestieren. Unter dem Motto „This Pact Kills“ zog die Demonstration laut und entschlossen durch den 6. Bezirk.
Der Protest war Teil eines europaweiten Aktionstags des Netzwerks CEASWatch, das in mehreren Städten in Europa und Afrika auf die drohende Aushöhlung des Asylrechts aufmerksam machte. Im Fokus: Die GEAS-Reform, die nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen zu massiver Entrechtung von Geflüchteten führen würde.
Haft, Lager, Abschottung: Die neue Asylarchitektur Europas
Die Reform des EU-Asylsystems sieht vor, dass Schutzsuchende künftig bereits an den Außengrenzen inhaftiert und in sogenannte „sichere Drittstaaten“ abgeschoben werden können – oftmals ohne adäquate rechtliche Beratung oder Zugang zu fairen Verfahren. „Durch die GEAS-Reform sollen auch rechtliche die Möglichkeiten erweitert werden, Schutzsuchende in den Lagern an den Außengrenzen zu inhaftieren. Das Ziel ist eine weitere Abschottung der betroffenen Personen von der Öffentlichkeit, Einschränkungen beim Zugang zu Rechtsberatung und generell eine voranschreitende Entrechtung aller Schutzsuchenden“, erklärte Sebastian Sperner von der Asylkoordination Österreich.
Österreichs Rolle: Familiennachzug als Abschreckungspolitik
Besonders scharfe Kritik richtete sich auch gegen die österreichische Bundesregierung. Mit dem faktischen Stopp des Familiennachzugs – offiziell begründet mit einem „Notstand im Bildungsbereich“ – übernehme Österreich eine Vorreiterrolle in der Umsetzung der repressiven EU-Linie. „Maßnahmen wie der drohende Stopp der Familienzusammenführung in Österreich wirken nicht abschreckend, sondern treiben Menschen noch stärker in die Hände krimineller Netzwerke“, kritisierte Petar Rosandić alias Kid Pex von SOS Balkanroute.
„Pushbacks, Schlepper, Perspektivlosigkeit“
In mehreren Redebeiträgen wurde deutlich gemacht, dass die derzeitige Politik weder Sicherheit bringe noch die Fluchtursachen adressiere. Stattdessen fördere sie Leid und Perspektivlosigkeit.
Rosandić sprach von einer „tragischen Endlosschleife voller Irrwege“, in der sich Europas Abschottungspolitik immer weiter selbst verstärke. Brutale Pushbacks, das bewusste Ignorieren internationaler Rechtsnormen und der politische Rückzug aus humanitärer Verantwortung würden zur neuen Normalität.
Auch der Soziologe und Kulturwissenschaftler Niki Kubaczek äußerte scharfe Kritik an der Rhetorik hinter der Politik. „Die Erzählung lautet: ‚Wenn die Zäune hoch genug sind und alle abgeschoben wurden, sind unsere Probleme gelöst.‘ Doch das ist ein gefährlicher Irrtum – nicht nur, weil Migration weiterhin notwendig ist, sondern weil diese Politik reale Nachbar:innen, Freund:innen und Kolleg:innen trifft. Und währenddessen bleiben Klimakrise, Krieg und Sozialabbau ungelöst.“
Widerstand bleibt laut
Trotz düsterer Aussichten war die Stimmung auf der Demonstration kämpferisch. Die Teilnehmenden kündigten an, den Widerstand auf allen Ebenen fortzusetzen – auf der Straße, in den Medien und vor Gerichten. „Wir lassen uns nicht einschüchtern“, sagte Sperner. „Wir werden weiterhin an der Seite von Geflüchteten stehen und umso lauter für die Wahrung des Asylrechts und anderer zentraler Menschenrechte einstehen!“
Die Veranstalter:innen rufen die österreichische Regierung und die EU dazu auf, ihre Politik grundlegend zu überdenken. Ihre Botschaft ist klar: „Dieser Pakt tötet. Er kriminalisiert Flucht, zerstört Existenzen und trägt zum Sterben an Europas Grenzen bei.“ Sie fordern Bewegungsfreiheit, Sicherheit und Würde für alle.
Foto © System Change not Climate Change