Irakischer Präsident billigt über 340 Todesurteile

Im Irak sind nach der Jahreswende mehr als 340 Todesurteile von Präsident Barham Salih gebilligt worden. In allen Fällen beruhten die Verurteilungen auf dem irakischen Gesetz zur Terrorismusbekämpfung, wie es heißt.

Der irakische Präsident Barham Salih hat seit Beginn des Jahres mehr als 340 Todesurteile unterschrieben. Entsprechendes berichtete die staatliche Nachrichtenagentur INA und berief sich auf eine namentlich nicht genannte Quelle aus dem Präsidialbüro. Alle Hinrichtungsverfügungen beträfen demnach Gefangene, die auf Grundlage der Antiterrorgesetzgebung zum Tode verurteilt wurden. Details über die spezifischen Verbrechen wurden nicht genannt.

Der Irak zählt weltweit zu den fünf Staaten, in denen jährlich am meisten Todesurteile ausgesprochen und vollstreckt werden. Amnesty International dokumentierte 100 Hinrichtungen allein für das Jahr 2019. Menschenrechtsorganisationen verurteilen neben der Todsstrafe an sich vor allem die Korruption im irakischen Justizsystem, übereilte Gerichtsverfahren, die auf Indizienbeweisen beruhen, und das Verwehren von Rechtsbeiständen für die Gefangenen. Verbrechen, die im Irak mit dem Tode geahndet werden können, sind Mord, Gefährdung der nationalen Sicherheit (mit und ohne tödliche Folgen), Entführung und Drogenhandel. Unter der Regierung von Saddam Hussein standen sogar 114 verschiedene Straftaten unter Todesstrafe.

Im November sorgte eine Gruppenhinrichtung im berüchtigten südirakischen Gefängnis Nassirija wegen kürzlicher oder bereits einige Jahre zurückliegender Verbrechen international für Aufsehen, weil auch ausländische IS-Gefangene gehängt wurden. Unter den 21 Toten befanden sich elf Franzosen und ein Belgier. Seit Bekanntgabe des militärischen Sieges über die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat” (IS) im Jahr 2017 haben die Behörden im Irak hunderte Todesurteile und lebenslange Haftstrafen verhängt. Das irakische Strafgesetz sieht die Todesstrafe für alle Mitglieder einer terroristischen Vereinigung vor, unabhängig davon, ob die Angeklagten in den Reihen der Dschihadisten kämpften oder nicht. Bereits die Androhung von Gewalt wird als Terrorismus klassifiziert. Rechtsgültig werden Todesurteile allerdings nur durch die Unterschrift des Präsidenten.

4.000 Gefangene in Todeszelle

Die Haftanstalt Nassirija in der Provinz Dhi Qar ist das einzige Gefängnis im Irak, in dem die Todesstrafe ausgeführt wird. Es ist bekannt für die Inhaftierung ehemaliger Amtsleute des irakischen Baath-Regimes. Auch Saddam Hussein wurde in Nassirija gehängt. Schätzungen nach sitzen in den Gefängnissen des Landes aktuell etwa 4.000 Gefangene in der Todeszelle.