Vom 26. August bis zum 4. September 2023 trafen in Bure, einer kleinen Gemeinde im Elsass, an die 1000 Aktivist:innen und verschiedene Organisationen aufeinander, um in Austausch darüber zu gehen, wie die Kämpfe der ländlichen Räume in den nächsten Jahren zu gestalten seien.
Bei gutem Wetter kommen wir als Vertreter:innen der „Initiative Demokratischer Konföderalismus“ (IDK) auf einem weitläufigen Gelände an, das mit mehreren großen Zirkuszelten einen imposanten Eindruck macht. Der Kampf der Menschen von Bure gegen die Lagerung von Atommüll hat eine lange Geschichte und ist in der Gegend sichtbar. Mehrere Häuser in den umliegenden Dörfern sind von Aktivist:innen bewohnt und mit politischen Bannern geschmückt. Hier offenbart sich die koloniale Linie der Nationalstaaten Europas auch auf den ländlichen Raum Europas.
Das Camp findet auf Flächen eines lokalen Bauern statt, der schon lange in dem Kampf gegen die Lagerung radioaktiven Abfalls in der Region kämpft. Die Vorträge und Workshops thematisieren aktuelle politische Entwicklungen wie die in Frankreich verbotenen „Aufstände der Erde“, bieten aber auch praktische Erfahrungen in Workshops, in denen Teilnehmende sich mit Kettensägen und anderen landwirtschaftlichen Maschinen vertraut machen.
Wichtige Linien in den Vorträgen sind die kolonialen Verhältnisse, international wie auch nach innen, die besonders stark von den Mitgliedern einer internationalen Delegation vorgetragen werden. Die Klarheit, die diese in ihrer Sprache finden vermissen wir in Europa häufig. Diese kolonialen Ausbeutungsverhältnisse spitzen sich gerade überall auf der Welt zu und erreichen durch die Transformation des kapitalistischen Systems hin zu „grüner“ Energie immer mehr auch die innereuropäische Peripherie.
Das Camp kann als Antwort auf diese Entwicklungen gelesen werden. In den Vorträgen und Diskussionen wird eine klare Linie sichtbar: Hinaus aufs Land und die Verbindung mit dem Land und den Leuten suchen!
Inhaltlich wird der Einfluss der globalen Bauernproteste der letzten Jahre und Jahrzehnte immer wieder sichtbar, durch Analysen, die sich an denen indigener kämpfender Gemeinschaften wie den Zapatistas oder den Mapuche orientieren. Die Rolle der Frauen und Menschen anderer unterdrückter Geschlechter auf dem Land und in der Landwirtschaft wird in vielen Vorträgen behandelt und es gibt autonome Lern- und Austauschräume. Hier wird vor allem der Zugang zu Land und die Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern besprochen, aber auch praktisches zu landwirtschaftlichen Methoden und Geräten vermittelt.
Die Gründung, Erhaltung und Vernetzung von landwirtschaftlichen Kooperativen ist auch ein großes Thema. Dazu werden viele Vorträge zu Konfliktbewältigung gegeben, aber auch gezielt Neugründungen organisiert und versucht, bestehende Netzwerke in die Zukunft zu tragen. Die Wichtigkeit wirtschaftlicher Kooperativen zur Versorgung und als Rückzugsorte sind allen hier bewusst. Eine sehr positive Neuentwicklung sind die Ausbildungsinitiativen im Gemüsebau, die in Frankreich und Deutschland angelaufen sind und in Deutschland bereits an die 150 Leute in Ausbildung gebracht haben.
Für uns als Vertreter:innen der IDK waren zwei Momente sehr bedeutsam: Die Vernetzung deutschsprachiger Aktivist:innen des ländlichen Raumes, die zum ersten Mal in diesem Rahmen stattgefunden hat, und der Austausch mit französischen Genoss:innen über die Geschichte der Bauernaufstände, die vor annähernd 500 Jahren niedergeschlagen wurden. Diese Niederschlagung hat eine Phase der Durchsetzung des kapitalistischen Systems auf dem Land eingeläutet.
Zum Abschluss des Camps fand eine bunte und kraftvolle Demonstration statt, direkt an dem umkämpften Land vorbei. Es gab parallel zur Demonstration Aktionen, die ein militanter Ausdruck desselben Protests waren. Die Einstimmigkeit zwischen antisystemischen Kräften und Bäuer:innen, mit der diese Demonstration gelang, wollen wir mitnehmen, um gemeinsam das Land zu verteidigen.