„Free Free Kurdistan!“ auf dem Gipfel des Yr Wyddfa

Aktivist:innen haben begleitet von Revolutionsliedern den höchsten Berg in Wales erklommen und auf dem Gipfel den Beginn des kurdischen Freiheitskampfes vor vierzig Jahren gefeiert. „Die Guerilla kämpft für ein würdevolles Leben“, sagte eine Sprecherin.

Höchster Berg in Wales

Der 15. August wird in der von der PKK initiierten Freiheitsbewegung als Tag der Wiederbelebung des kurdischen Volkes begangen. In Kurdistan und in Europa finden bereits im Vorfeld zahlreiche Veranstaltungen zu diesem Feiertag statt. Der Kurdische Volksrat Liverpool hat zu diesem Anlass zu einem Ausflug auf den Snowdon (englisch) oder Yr Wyddfa (walisisch) eingeladen. Der Yr Wiyddfa ist der höchste Berg in Wales, der Gipfel liegt auf 1085 Metern Höhe.


Die Teilnehmenden erklommen den Gipfel begleitet von kurdischen Revolutionsliedern und Fahnen mit dem Konterfei des PKK-Begründers Abdullah Öcalan und der Forderung nach seiner Freilassung. Viele Aktivist:innen trugen Flaggen der kurdischen Jugendbewegung TCS und der Dachorganisation KCK, einige hatten traditionelle Bekleidung der Guerilla an. Auf einem mitgeführten Transparent stand „Es lebe der Widerstand vom 15. August“, daneben war der legendäre Guerillakommandant Mahsum Korkmaz (Egîd) abgebildet.

Auf dem Gipfel riefen die Aktivist:innen „Free Free Kurdistan!“, „Bijî Serok Apo” und „Bijî gerîla”. Eylem Nemir erklärte im Namen der Veranstalter:innen: „Der Kampf um Wiederbelebung und Befreiung ist seit dem ersten Schuss vor vierzig Jahren zu einer riesigen Freiheitsfackel in den vier Teilen Kurdistans geworden. Der 15. August steht für Widerstand gegen Kapitulation, Aufwachen gegen Völkermord und ein revolutionäres Leben in Würde gegen Verrat. Die Freiheitsguerilla Kurdistans leistet noch heute heldenhaften Widerstand gegen Besatzung, Kollaboration und Faschismus. Sie kämpft auch für uns, für ein würdevolles Leben aller Menschen. Wir feiern den Widerstandsgeist der Guerilla und wünschen allen einen frohen Feiertag.“

Danach wurde auf dem Gipfel der kurdische Govend getanzt.


         


       

Hintergrund: Bewaffneter Kampf der PKK

Am 15. August 1984 fiel im nordkurdischen Dih (tr. Eruh) „der erste Schuss“ der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Eine 36 Personen starke Guerillaeinheit, angeführt von dem legendären Kommandanten Mahsum Korkmaz – auch bekannt unter seinem Nom de Guerre Egîd („der Mutige“) – führte an jenem Tag den ersten Angriff gegen die türkische Besatzungsmacht durch. Für die Aktion, die als Beginn des bewaffneten Befreiungskampfes gilt, war eine Kaserne der Militärpolizei ausgewählt worden. Ein Wachsoldat und ein Offizier kamen ums Leben, Verluste der Guerilla gab es nicht.

Über den Lautsprecher einer Moschee wurde anschließend die Gründungserklärung der HRK (Hêzên Rizgarîya Kurdistanê) verlesen. In dem Flugblatt der „Befreiungskräfte Kurdistans”, wie sich die Guerilla in den ersten Jahren des bewaffneten Kampfes in Anlehnung an die zu Beginn des vietnamesischen Freiheitskampfes gebildete „Einheit zur Befreiung Vietnams“ nannte, hieß es: „Die HRK verfolgt das Ziel, den Kampf unseres Volkes um nationale Unabhängigkeit, eine demokratische Gesellschaft, Freiheit und Einheit unter Führung der PKK gegen den Imperialismus, den türkischen Kolonialfaschismus und ihre einheimischen Lakaien bewaffnet zu führen.”

Ein synchron verlaufender Angriff wurde unter dem Kommando von Abdullah Ekinci (Ali) in Şemzînan (Şemdinli) durchgeführt. Die Guerillaeinheit hatte ebenfalls eine Militärkaserne zum Ziel und griff mit Maschinengewehren und Raketen an. Auch bei diesem Angriff beklagte der türkische Staat Verluste. Beide Kreisstädte wurden zudem kurzfristig von den HRK kontrolliert. Der 15. August durchbrach damit die Grabesruhe nach dem Militärputsch vom 12. September 1980. Dieser Tag gilt vielen Kurd:innen als Feiertag, denn er markiert den Aufbruch einer Bewegung, zu der heute Millionen gehören.