Frankreich warnt vor Wiedererstarken des IS

Der geplante US-Truppenabzug aus dem Irak könnte nach Einschätzung Frankreichs böse Folgen haben. „Der IS ist weiterhin vorhanden. Wir können sogar von einem Wiederaufleben in Syrien und im Irak sprechen“, warnt Verteidigungsministerin Florence Parly.

Die französische Verteidigungsministerin Florence Parly hat vor einem Wiedererstarken der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) gewarnt. „Frankreich ist der Ansicht, dass Daesh (arabisches Akronym für IS, ANF) immer noch existiert. Wir können sogar von einer Art Wiederaufleben in Syrien und im Irak sprechen”, sagte Parly am Sonntag in der Sendung „Questions politiques”, die vom Radiosender France Inter, der Zeitung Le Monde und France Télévisions gemeinsam veranstaltet wird.

Parlys Äußerungen kommen zu einer Zeit, in der die Zahl der im Irak und in Afghanistan stationierten US-Soldaten auf Anordnung des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump abgesenkt wird. Bis Mitte Januar wird die US-Truppenstärke in Afghanistan von etwa 4.500 Soldaten auf 2.500 Soldaten gesenkt. Die Zahl der Soldaten im Irak soll um rund 500 auf ebenfalls 2.500 runtergesetzt werden.

Nahezu alle Truppen der anderen Mitgliedsstaaten der internationalen Anti-IS-Koalition hatten zu Beginn der Corona-Pandemie ihre Aktivitäten im Irak heruntergefahren und ihre Soldaten abgezogen, um sie vor dem Risiko einer Ansteckung mit dem Virus zu schützen. „Seit dem Fall von Baghuz im Tal des mittleren Euphrat, wo sich die letzte IS-Hochburg befand, können wir sehen, dass Daish in Syrien wieder an Stärke gewinnt“, sagte Parly. Die Verteidigungsministerin wies auf den schweren IS-Anschlag auf Truppen des Assad-Regimes am 30. Dezember hin. Bei dem Angriff in Deir ez-Zor waren 39 syrische Soldaten ums Leben gekommen.

Die Organisation, die in den letzten Jahren auch zahlreiche Anschläge in Europa für sich reklamierte, baue ihre Strukturen auch im Irak wieder auf, so Parly. „Daish ist also in der Levante noch nicht ausgerottet. Deshalb beteiligen wir uns als Frankreich auch weiterhin an den Aktivitäten der internationalen Koalition und trainieren unsere Verbündeten“, sagte Parly.

IS reorganisiert sich - auch dank Pandemie

Durch die im Oktober 2019 begonnene türkische Invasion in Nordsyrien ist der IS massiv gestärkt worden. Dschihadisten, denen im Verlauf der Befreiungsoffensive „Gewittersturm Cizîrê“ der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) die Flucht in die Wüste im syrisch-irakischen Grenzgebiet gelungen war, konnten sich weitestgehend unbehelligt reorganisieren. Seitdem kommt es in der Region immer häufiger zu Anschlägen von IS-Zellen. Im Irak sind vor allem Orte in Salahaddin, Diyala, Ninawa und Kerkûk (Kirkuk) betroffen. Auf der anderen Seite der Grenze trifft es vor allem den Großraum Deir ez-Zor. Die Corona-Krise spielt der Terrormiliz in die Hände, da die Pandemie besonders instabile Staaten trifft. In einem Leitartikel beschrieben die Islamisten die Pandemie sogar als eine von Gott verursachte „schmerzhafte Qual“ für die „Kreuzfahrernationen“ – gemeint sind die westlichen Länder, die sich an der Anti-IS-Koalition beteiligen. Der Angstfaktor habe größere Auswirkungen auf die Menschen als die Epidemie vielerorts selbst. Dies sei ein Grund mehr, von Corona zu „profitieren“.