Bedia Özgökçe Ertan auf dem Landesausschuss DIE LINKE Baden-Württemberg

Die abgesetzte Bürgermeisterin von Wan, Bedia Özgökçe Ertan, hat in Karlsruhe auf dem Landesausschuss der Partei DIE LINKE Baden-Württemberg gesprochen. Sie überbrachte Newroz-Grüße der HDP und berichtete über die Repression gegen ihre Partei.

Die kurdische Politikerin Bedia Özgökçe Ertan sprach am gestrigen Sonnabend in Karlsruhe auf der Sitzung des Landesausschusses der Partei DIE LINKE Baden-Württemberg. Die frühere Bürgermeisterin von Wan (tr. Van) überbrachte die Newroz-Grüße der HDP, schilderte die schwierigen Bedingungen des Wahlkampfs in der Türkei und berichtete über die Repression und das drohende Verbot der Schwesterpartei der LINKEN.

„Die HDP unternimmt alles für den Sturz des Diktators Erdogan und seiner AKP/MHP-Regierung, um die Türkei zurück auf einen Weg der Demokratie und des Friedens zu führen“, sagte Ertan. Das friedliche Zusammenleben aller Ethnien und Religionen in der Türkei, in Rojava, Südkurdistan oder auch im Iran - das sei das Anliegen der HDP. Gökay Akbulut, Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion, übersetzte die Rede ins Deutsche.

Der Landesausschuss erklärte, dass DIE LINKE solidarisch an der Seite der kurdischen Freiheitsbewegung und der HDP stehe und schickte Grüße an die Newroz-Kundgebung nach Frankfurt. Anschließend wurden Spenden für die kurdische Rothalbmondbewegung Heyva Sor a Kurdistanê e.V. gesammelt, die den Opfern der Erdbebenkatastrophe vom 6. Februar zukommen.

Wer ist Bedia Özgökçe Ertan?

Bedia Özgökçe Ertan wurde 1975 in Wan geboren und hat vor ihrer politischen Karriere als Rechtsanwältin gearbeitet. Sie ist Mitbegründerin der Zweigstelle des Menschenrechtsvereins IHD saß im Vorstand der Organisation, und baute in Wan die Kommissionen für Frauenrechte und Menschenrechte der örtlichen Anwaltskammer mit auf. Von 2015 bis 2018 war sie Abgeordnete der HDP im türkischen Parlament und saß in dieser Funktion in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Bei der Kommunalwahl im März 2019 wurde sie mit 53,8 Prozent der Stimmen zur Oberbürgermeisterin ihrer Geburtsstadt gewählt. Fünf Monate später wurde sie auf Betreiben des türkischen Innenministeriums zeitgleich mit den Bürgermeistern von Amed (Diyarbakir) und Mêrdîn (Mardin) abgesetzt und durch einen staatlich berufenen Zwangsverwalter ersetzt. In der Folge wurde ein Verfahren wegen angeblicher Mitgliedschaft in der PKK gegen sie eingeleitet. Die Anklage fordert eine Haftstrafe von bis zu 30 Jahren.

Projektpartnerschaft muss wegen Zwangsverwaltung ruhen

Im Verbotsverfahren gegen die HDP, das seit 2021 anhängig ist, wird für insgesamt 451 Politikerinnen und Politiker ein politisches Betätigungsverbot gefordert – auch für Bedia Özgökçe Ertan. Die 48-Jährige lebt mittlerweile im Exil in Karlsruhe, der Projektpartnerstadt von Wan. Die Vereinbarung zur Projektpartnerschaft war zwischen Bekir Kaya, dem Vorgänger Ertans, und dem Karlsruher Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup im August 2016 unterzeichnet worden. Einen Monat später wurde Kaya amtsenthoben und inhaftiert – Wan bekam seinen ersten Zwangsverwalter. Bis Bedia Özgökçe Ertan neue Oberbürgermeisterin wurde, ruhte die Projektpartnerschaft. Seit auch sie aus ihrem Amt entfernt wurde, ist von Karlsruhe aus ein Kontakt zur Stadtverwaltung in Wan nicht möglich.