Zum zweiten Mal vertrieben

Hunderttausende Vertriebene aus Efrîn haben sechs Jahre lang in Şehba auf eine Rückkehr in die von der Türkei besetzte Region in Nordsyrien gehofft. Jetzt mussten sie ein zweites Mal vor den dschihadistischen Söldnern des Erdoğan-Regimes fliehen.

Nach Efrîn auch Şehba von Dschihadisten besetzt

Aufgrund der türkischen Invasion 2018 in Efrîn sind über 200.000 Menschen in die Region Şehba geflohen. Dort lebten sie sechs Jahre lang unter prekären Umständen und mit der Hoffnung auf eine Rückkehr nach Efrîn. Nach dem Angriff der von der Türkei in Idlib aufgerüsteten Terrormiliz HTS am 27. November auf Aleppo wurden Şehba und die Stadt Tel Rifat (Tall Rifaat) eingekreist und am 2. Dezember von türkischen Söldnertruppen der sogenannten „Syrischen Nationalarmee“ besetzt. Die Vertriebenen aus Efrîn mussten zum zweiten Mal fliehen. Wir haben in Raqqa mit Betroffenen gesprochen.


„Vor unseren Augen wurden Menschen getötet“

Mistefa Mihemed sagte: „Wir mussten Efrîn nach der Besatzung durch den türkischen Staat verlassen und sind nach Şehba gegangen. Es war ein harter Kampf, dort neue Lebensbedingungen aufzubauen. Die Angriffe des türkischen Staates und seiner dschihadistischen Söldnerbanden haben nie aufgehört. Jetzt sind wir ein zweites Mal vertrieben worden. Şehba ist zuletzt sehr heftig angegriffen worden. Es gab keine Waffe, die sie nicht eingesetzt hätten. Vor unseren Augen sind zivile Menschen getötet worden. Wir waren zwei Tage auf der Flucht. Der Weg bis nach Raqqa war eine schwierige Zeit.“

Wir sind ein Volk mit Würde und Ehre“

In Raqqa seien sie von der Selbstverwaltung aufgenommen und versorgt worden, erzählte Mihemed: „Die Selbstverwaltung kümmert sich um die Menschen aus Efrîn. Sie hat alle Mittel in Bewegung gesetzt, um die Menschen zu versorgen und unterzubringen. Der türkische Staat und seine Banden sind dem Islam fern. Sie sind islamfeindlich und wollen Herrschaft über die Völker. Wir haben niemandem geschadet, niemanden unterdrückt und keinen fremden Boden besetzt. Das kurdische Volk wird seit Jahrhunderten unterdrückt. Wir sind ein Volk mit Würde und Ehre und fordern die Anerkennung unserer Identität und Sprache. Wir wollen unsere Rechte. Die internationalen Mächte sollen aufhören, nur über ihre Interessen zu sprechen und sich auf die Seite des türkischen Staates zu stellen. Sie sollten herkommen und sich den Zustand der Menschen hier ansehen.“

Die Bevölkerung ist massiv angegriffen worden“

Ähnlich äußerten sich weitere Vertriebene aus Efrîn. Ibrahim Kose sagte: „Wir haben über sechs Jahre unter ständigen Bombardierungen in Şehba ausgeharrt und versucht, uns ein neues Leben aufzubauen. Dann kam dieser Großangriff. Die Bevölkerung ist massiv angegriffen worden, Kinder wurden verletzt. Es gab alte Menschen, die an Herzversagen gestorben sind.“

Die Hoffnung nicht verloren

Mihemed Henan fügte hinzu: „Der türkische Staat hat Efrîn mit 72 Flugzeugen angegriffen und besetzt, Tausende Menschen wurden getötet. Sie besetzten unseren Boden, plünderten unsere Häuser und fällten unsere Olivenbäume. Efrîn war ein paradiesischer Ort, davon ist nichts mehr übrig. Wir haben sechs Jahre lang in Şehba mit der Hoffnung auf eine Rückkehr nach Efrîn gelebt. Unsere Hoffnung haben wir auch jetzt nicht verloren. Eines Tages werden wir zurückkehren, und wenn nicht wir, dann unsere Kinder. Efrîn hat dem türkischen Staat nicht gereicht, jetzt haben sie auch Şehba besetzt. Unsere Selbstverteidigungskräfte haben uns in Sicherheit gebracht. Auf dem Weg haben uns Dschihadisten beschimpft. Ein Kind hat durch die Kälte auf der Flucht das Leben verloren. Erdoğan ist ein Mörder, er hat das Blut unschuldiger Menschen an den Händen. Wir geben unsere Hoffnung nicht auf. Nicht mehr lange, dann sind wir wieder in Efrîn.“