Warum der 4. April in Rojava ein Feiertag ist

Als Abdullah Öcalan 1979 nach Rojava kam, waren die Inhalte der kurdischen Befreiungsbewegung noch weitgehend unbekannt. In den knapp zwanzig Jahren seines Aufenthalts in Syrien und Libanon wurde der Samen für die Revolution von Rojava gelegt.

Heute ist der 4. April, der 74. Geburtstag von Abdullah Öcalan und ein besonderer Tag in Kurdistan. Kurd:innen und ihre Freund:innen auf der ganzen Welt feiern diesen Tag mit Begeisterung und pflanzen Bäume als Symbol für das Leben. In Rojava haben die Feiern und Baumpflanzungen bereits vor zehn Tagen begonnen.

Abdullah Öcalan ist 1979 aus der Türkei nach Syrien gekommen. Vorher war die kurdische Befreiungsbewegung in Syrien kaum bekannt. Von der Gruppe um Öcalan, den Apocî, wurde zwar seit 1973 gesprochen, aber die politischen Ziele der 1978 gegründeten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) blieben unklar. Die Kurd:innen in Rojava und Syrien wussten nur, dass diese Bewegung für Kurdistan kämpft. Da die früheren kurdischen Aufstände relativ schnell niedergeschlagen wurden, wurde davon ausgegangen, dass auch die PKK keine Erfolgsaussichten hatte.

Als Öcalan über die türkisch-syrische Staatsgrenze nach Rojava kam, begann eine neue Zeit in der Region. Die kurdische Bevölkerung wurde damals massiv vom syrischen Regime unterdrückt. Nach seinem heimlichen Grenzübertritt blieb Öcalan mit seinen Kampfgefährten für knapp zwei Monate in einem Dorf bei Kobanê. Zeitzeugen berichten von diesem Aufenthalt: „Sie haben ständig gelesen. Ihre Haltung und ihre Blicke hatten eine große Wirkung. In allen Häusern, die sie besuchten, hinterließen sie einen bleibenden Eindruck. Wir wussten nicht, wer sie waren, nur dass sie für Kurdistan eintraten.“

Mit der Zeit wurde über Kobanê hinaus in ganz Rojava über die Apocî gesprochen. Das ging bis 1983 so weiter. Öcalan nannte sich damals Ali und ging schließlich in die von Palästinensern genutzte Bekaa-Ebene im Libanon. In der Region gab es immer mehr apoistische Militante und alle wollten Öcalan sehen. Das PKK-Camp in der Bekaa-Ebene wurde zu einem magischen Anziehungspunkt. Aus fast allen Familien in Rojava ist mindestens ein Mitglied in den Libanon gefahren, um Abdullah Öcalan zu treffen.

Nach dem Beginn des bewaffneten Kampfes der PKK am 15. August 1984 wuchs in der Bevölkerung die Überzeugung, dass diese Bewegung sich von anderen kurdischen Gruppen unterscheidet und eine Revolution in Kurdistan durchführen wird.

Die apoistische Ideologie breitete sich nicht nur unter den Kurd:innen, sondern auch in der arabischen und anderen Bevölkerungsgruppen aus. Die Menschen nahmen die Bewegung als eine neue Lebensform wahr. Weil ihr Einfluss immer mehr zunahm, fühlten sich die Hegemonialmächte bedroht und intervenierten dagegen mit dem internationalen Komplott, der zu der erzwungenen Ausreise Öcalans am 9. Oktober 1998 aus Syrien und nach einer monatelangen Odyssee über mehrere Kontinente am 15. Februar 1999 zu seiner Verschleppung in die Türkei führte.

In den knapp zwei Jahrzehnten seines Aufenthalts in Syrien und dem Libanon hat Öcalan die Samen für den Befreiungskampf gelegt, der 2012 die Revolution von Rojava ermöglichte und bis heute andauert. In Rojava wird der 4. April daher als Neugeburt des kurdischen Volkes und Beginn einer neuen Zeit wahrgenommen. Noch heute werden die Häuser, in denen Abdullah Öcalan sich damals aufhielt, an seinem Geburtstag besucht. Es werden Bäume gepflanzt, es gibt Kulturprogramme und es wird getanzt. Diese Aktivitäten finden in der gesamten Autonomieregion Nord- und Ostsyrien statt. Der 4. April wird in Rojava als Feiertag begangen.