Etwa 45 Kilometer östlich der nordsyrischen Stadt Hesekê liegt das Camp Hol. Es handelt sich um das größte Lager in der Region. In dem Lager befinden sich nach UN-Angaben zurzeit 64.373 Personen. Das Camp besteht bereits seit 1991 und wurde damals von den Vereinten Nationen im Rahmen des ersten Golfkriegs eingerichtet. Mit Beginn der Syrienkrise besetzte der „Islamische Staat” (IS) das Camp und machte es zu einer wichtigen Einrichtung seiner Schreckensherrschaft. Im Oktober 2015 wurde es von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) befreit und befindet sich seither unter der Kontrolle der Selbstverwaltung.
Tausende IS-Familien im Lager
Mit der Vernichtung der Territorialherrschaft des IS im März 2019 kamen viele Familienangehörige von IS-Dschihadisten ins Lager. Es befinden sich dort zehntausende Frauen und Kinder aus dem IS, die aus 53 verschiedenen Staaten stammen. Fanatische IS-Frauen haben im Camp ein Schreckensregime gegen Andersdenkende und „Abweichlerinnen“ errichtet. Immer wieder kam es – insbesondere mit Beginn der Invasion der Türkei in Nordsyrien am 9. Oktober 2019 – zu Massenausbruchsversuchen mithilfe des türkischen Geheimdienstes MIT. Auch die internationale Koalition leistet bei weitem nicht genügend Unterstützung in Bezug auf das Lager. Damit ist das Camp zu einer allgemeinen Bedrohung der Menschen der Region, aber auch weltweit geworden.
Rückkehrprogramme und Entlassungen
Seit einem Jahr wird versucht, durch Rücksiedlungsprogramme den Menschen, die nicht in Verbrechen verwickelt sind, eine Perspektive außerhalb des Lagers zu schaffen. In diesem Rahmen konnten bisher 4.789 Personen in 27 Gruppen das Camp verlassen. Aufgrund der extremen humanitären Notlage im Lager hat die Selbstverwaltung außerdem entschieden, alle syrischen Staatsangehörigen aus dem Camp im Rahmen einer Generalamnestie freizulassen. Die Freilassung dieser rund 25.000 Personen wurde vergangene Woche von der Exekutivausschuss-Vorsitzenden des Demokratischen Syrienrates (MSD), Ilham Ehmed, angekündigt. „Durch die Freilassungen aller in dem Camp internierten Syrerinnen und Syrer, 17.000 davon Kinder und Minderjährige, würde zum einen der Druck auf die Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens verringert, zum anderen würden die Forderungen der lokalen Stämme damit erfüllt", sagte Ehmed.
Bei einem Großteil der in Hol internierten Syrer*innen handelt es sich um Angehörige von IS-Dschihadisten, es gibt allerdings auch viele Binnenvertriebene. Die 30.000 Iraker*innen, darunter 20.000 Kinder, sowie knapp 10.000 Personen aus dem Ausland, darunter 7.000 Kinder, bleiben vorerst in dem Lager. Die Zentralregierung in Bagdad hat die Rückführungen von irakischen Staatsangehörigen vor einer Weile so gut wie gestoppt, auf Anfragen aus Nordostsyrien erfolgt keine Reaktion.