Abdullah Öcalans Gedanken sprechen nicht nur die Kurd:innen und die Völker des Mittleren Ostens an, sondern Menschen weltweit. Tekoşer Malatesta ist ein Internationalist aus den USA, der seit einem Jahr an der Verteidigung von Rojava teilnimmt. Der YPG-Kämpfer sagt, dass er sich als Jugendlicher mit politischen und ideologischen Texten befasst hat und dabei auch auf die Vorstellungen von Öcalan gestoßen ist.
Gegenüber ANF hat Tekoşer Malatesta erklärt, warum er nach Rojava gekommen ist und was Öcalan damit zu tun hat: „Ich kam Anfang 2020 nach Rojava. Ich kam hierher wegen der Ideologie der Revolution und was sie nicht nur für die Menschen in Syrien und im Nahen Osten zu bieten hat, sondern auch für Amerika, Europa, Lateinamerika, den Rest der Welt. Ich begann Serok Apo [Abdullah Öcalan] vor ein paar Jahren zu lesen, als ich jünger war und mich zum ersten Mal mit politischer Ideologie beschäftigte, mit anarchistischen Texten und so. Aber am Ende des Tages sieht man, dass viele dieser Texte ziemlich antiquiert sind. Sie haben eine Menge guter Dinge gegen den Zustand des Kapitalismus zu bieten. Aber viele sind sehr alt.“
Tekoşer fing an, nach Dingen zu suchen, die mehr auf die heutige Zeit anwendbar waren. „Ich entdeckte Serok Apo und las seine Bücher, und dabei sah ich bestimmte Dinge in der Ideologie, die in anderen ideologischen Kämpfen nicht wirklich angeboten werden. Zum Beispiel geht er in seinen Schriften sehr weit zurück zum Ursprung, in die Ursprünge der Unterdrückung. Er geht in der Zeit zurück und sagt, wer war der erste Mensch, der unterdrückt wurde? Und wir sagen, es war die Frau. So gehen wir von der Frau aus und gehen weiter zur Hausfrauisierung aller Menschen. Und von hier aus baut er wirklich auf der Geschichte auf und bringt sie bis in die heutige Zeit.“
„In Rojava siehst du das Ergebnis“
Während seiner Zeit in Rojava habe er gesehen, wie sich Öcalans Akzeptanz von Vielfalt und seine Vorstellungen von einer basisdemokratischen Gesellschaft auf die Bewegung auswirken und wie dadurch auch die YPG entstanden sind, sagt Tekoşer. Er hat bei den YPG armenische, assyrische, turkmenische, arabische und kurdische Freunde, einige waren früher bei der syrischen Armee und durften nur arabisch sprechen. Rojava ist für ihn ein Teil der Welt, der sehr vielfältig ist: „Wenn du nach Nord- und Ostsyrien kommst, siehst du die Realität. Du siehst, wenn du in ein Dorf gehst, ist es assyrisch, ein anderes ist kurdisch und ein anderes arabisch. Es ist wirklich so. Und wegen der Ideologie von Serok Apo und der Akzeptanz aller Menschen in dieser Region sind wir tatsächlich in der Lage, den IS effektiv zu bekämpfen. Und am Ende siehst du das Ergebnis. Du siehst, dass die YPG und die Bewegung jetzt mehr oder weniger die Kontrolle über ein Drittel von Syrien haben.
Woher kommt das? Woher kommen die YPG? Am Anfang waren sie sehr klein, aber sie waren in der Lage, die gesamte Gesellschaft gegen einen gemeinsamen Feind zusammenzubringen. Und das tun wir auch weiterhin gegen den faschistischen türkischen Staat.”
„Bedrohung der kapitalistischen Eliten“
Abdullah Öcalan sei mit einem internationalen Komplott unter der Führung der USA verhaftet und in die Türkei verschleppt worden, weil er von den Eliten der kapitalistischen Staaten als Bedrohung wahrgenommen wurde, führt Tekoşer aus: „Obwohl er in Kurdistan kämpft, obwohl sein Hauptfeind der türkische Staat ist, ist er auch eine Bedrohung für Amerika. Und warum? Weil das Ziel des amerikanischen Staates ist, den Kapitalismus zu schützen, die Bourgeoisie zu schützen. Und wie ich schon sagte, stellt Serok Apo eine Bedrohung dafür dar.
Die Mehrheit des amerikanischen Volkes gehört zur Arbeiterklasse. Sie haben Kämpfe. Aber der amerikanische Staat greift das ständig an. Jeden Tag hungern in Amerika Menschen. Man sieht auf den Straßen, wenn man in die großen Städte geht, überall Obdachlose. Warum ist das so? Weil der amerikanische Staat sich weigert, die Kämpfe der tatsächlichen Menschen in Amerika anzuerkennen. Und die Verhaftung von Serok Apo beweist dies weiter. Er ist einer der größten Revolutionäre unserer Zeit und mein Land Amerika war der Hauptakteur bei seiner Verhaftung.”
Die USA und alle staatlichen Strukturen auch in Europa hätten „absolut kein Interesse an Demokratie“ und wollten „nur die Interessen dessen schützen, was dem Kapital erlaubt, sich zu entwickeln“, sagt Tekoşer und verweist auf die Zusammenarbeit mit dem türkischen Staat, die NATO und Gladio. Die Gefangennahme von Abdullah Öcalan sieht er daher als „Komplott gegen die arbeitenden Menschen, gegen jeden auf der Welt. Gegen jeden, der nicht Teil dieser Klasse ist.“
„Warum wir die Freilassung von Öcalan fordern"
„Der Grund, warum wir die Freilassung von Serok Apo fordern, ist nicht, weil er ein einzelnes Individuum ist und vom türkischen Staat inhaftiert wurde. Der Grund ist, weil er ein Repräsentant ist. Der türkische Staat hat ihn nicht als Serok Apo, nicht als Abdullah Öcalan, das Individuum, inhaftiert, nicht wegen eines Verbrechens, das er begangen hat, sondern weil er eine Vertretung des Kampfes des kurdischen Volkes gegen den faschistischen türkischen Staat ist. Und während die Bewegung voranschreitet, wird das, was die Bewegung tun wird und was sie tun muss, um seine Freilassung zu fordern, unsere Präsenz erweitern. Schon jetzt kann der türkische Staat die Bewegung nicht mehr ignorieren. Du siehst die jüngsten Angriffe in Basur (Südkurdistan) und auch auf Rojava. Du siehst, dass der türkische Staat nicht in der Lage ist, die Bewegung zu ignorieren.
In Zukunft werden wir unsere Präsenz nicht nur im Nahen Osten, sondern auch in Europa, in Amerika und Lateinamerika ausweiten. Es wird für den türkischen Staat unmöglich sein, die Forderungen nach der Freilassung von Serok Apo zu ignorieren. Ich rufe alle Revolutionäre auf der ganzen Welt und in Lateinamerika, Amerika, Europa, Afrika, Asien auf. Ich rufe alle auf, das Werk von Serok Apo nicht nur zu lesen, sondern wirklich darüber nachzudenken und es nach der Lektüre in ihr eigenes Leben zu übertragen“, sagt der Internationalist Tekoşer Malatesta und lädt nach Rojava ein, um „sich der Bewegung anzuschließen und nicht nur für die Freilassung von Serok Apo zu arbeiten, sondern auch für die Revolution in Kurdistan und Nordostsyrien und einen vielfältigen Mittleren Osten“.