Die UNO hat einen Bericht zu Kriegsverbrechen in Idlib veröffentlicht. Darin werden nicht nur Russland und das syrische Regime in die Verantwortung genommen, insbesondere auch dschihadistische sogenannte „Rebellengruppen“ seien für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich. Der Bericht umfasst einen Zeitraum vom 1. November 2019 bis 30. April 2020. Darin werden 52 Angriffe dargestellt. Der Vorsitzende der UN-Untersuchungskommission, Paulo Pinheiro, spricht von „eklatanten Verletzungen des Kriegsrechts und der Menschenrechte durch regierungsfreundliche und aufständische Gruppen“.
Neben den schweren Bombardierungen der Zivilbevölkerung, von Krankenhäusern und Schulen durch das syrische Regime sei vor allem der Al-Qaida-Ableger Hayat Tahrir al-Sham (HTS) für Verbrechen wie „Plünderung, Inhaftierung, Folter und Hinrichtung von Zivilisten, darunter auch Journalisten“ verantwortlich. Außerdem habe die HTS „wahllos dicht besiedelte Gebiete bombardiert und Terror unter der Zivilbevölkerung in von der Regierung kontrollierten Gebieten verbreitet“. Die Menschen hätten die Wahl gehabt, entweder bombardiert zu werden oder in von der HTS kontrollierte Gebiete zu fliehen, wo sie Menschenrechtsverletzungen und einer mangelhaften Versorgung ausgesetzt gewesen seien.
Weiter heißt es: „Sie [HTS] und andere bewaffnete Gruppen fuhren fort, Frauen und Mädchen systematisch zu diskriminieren und ihnen die Bewegungsfreiheit zu verweigern.“ Als „andere“ bewaffnete Gruppen sind vor allem die von der Türkei gesteuerten SNA-Milizen in Idlib präsent.
SNA foltert, entführt und vergewaltigt in Efrin und Serêkaniyê
Pinheiro kritisierte auch die Situation in Efrîn und Serêkaniyê scharf: „In den Gebieten um Afrin und in der Region von Ra's al-Ayn leiden Zivilisten unter der syrischen Nationalarmee, die Zivilisten willkürlich festhält, misshandelt, foltert und vergewaltigt sowie ziviles Eigentum plündert. Gleichzeitig töten und verstümmeln Mörserangriffe, die angeblich aus dem von den SDF kontrollierten Gebieten kommen, weiterhin Zivilisten.“ Der türkische Staat und seine Milizen verüben immer wieder solche Angriffe auf die Zivilbevölkerung, um den Widerstand zu diskreditieren und die kurdische Bevölkerung zu vertreiben.
58.000 Kinder in Lagern in Nordostsyrien
Die Untersuchungskommission kritisiert die Lage von Kindern in den Lagern in Nordostsyrien und fordert sofortige Hilfeleistungen und die Übernahme der 8.000 Kinder, die nicht aus Syrien oder dem Irak stammen: „Im Nordosten befinden sich fast 58.000 Kinder eingesperrt in überfüllten Lagern. Mehr als 8.000 dieser Kinder sind ‚Drittstaatsangehörige‘, die aus 60 anderen Ländern als Syrien oder Irak stammen. Der Grundsatz, im ‚besten Interesse des Kindes‘ zu handeln, wird in diesen Lagern eindeutig nicht respektiert. Allen diesen Kindern muss angemessene humanitäre und medizinische Hilfe zuteilwerden, und sie sollten so bald wie möglich freigelassen werden. Ausländische Kinder, die sicher repatriiert werden können, müssen von ihren Ländern zurückgenommen werden. Dies ist ein Bereich, in dem andere Mitgliedstaaten jetzt handeln können, und sei es auch nur zum Wohle ihrer eigenen Staatsangehörigen, was ebenfalls dazu beitragen könnte, die Belastung dieser unterversorgten Lager zu verringern.“
Der von Krieg und Embargo gebeutelten Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien stehen nicht die Mittel zur umfassenden Versorgung der Familien von IS-Dschihadisten zur Verfügung. In vielen Lagern haben sich parallele IS-Strukturen ausgebildet. Die Autonomieverwaltung fordert in all diesen Bereichen internationale Hilfe, die jedoch weitgehend ausbleibt.