Schwere Luftangriffswelle auf Kanton Qamişlo

Die türkische Luftwaffe hat eine schwere Angriffswelle auf den Kanton Qamişlo verübt. Die mit Kampfflugzeugen und Drohnen durchgeführten Luftschläge zielten auf infrastrukturelle Einrichtungen. Die Zahl der Toten und Verletzten ist wieder angestiegen.

Die türkische Luftwaffe hat eine schwere Angriffswelle auf den Kanton Qamişlo in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien verübt. Die mit Kampfflugzeugen und Drohnen durchgeführten Luftschläge von Donnerstagnacht zielten auf infrastrukturelle Einrichtungen in Tirbespiyê, Çilaxa, Dêrik, Girkê Legê und Amûdê sowie in der Stadt Qamişlo.

In Tirbespiyê (Al-Qahtaniyya) ist ein Mensch bei einem Angriff auf eine Tankstelle im Norden der Stadt getötet worden. In Amûdê (Amuda) wurden zwei Personen bei der Bombardierung des Dorfes Xirbê Xoy verletzt. In Dêrik (Al-Malikiya) attackierten Kampfjets das Elektrizitätswerk im Ort Teqil Beqil. In Sêgirka Dero bei Girkê Legê (Al-Muabbada) wurde ebenfalls ein Kraftwerk getroffen, im weiter südlich gelegenen Çilaxa bombardierten Kampfflugzeuge auch eine Tankstelle. In Qamişlo wurde zudem eine Tierfutterfabrik ins Visier genommen.

Damit steigt die Zahl der Todesopfer infolge türkischer Militärgewalt in den vergangenen zwei Tagen auf mindestens elf und die der Verletzten auf zehn an. Nach Angaben der Sicherheitsbehörde Asayîş befinden sich unter den Opfern fünf getötete und acht verletzte Zivilpersonen, bei allen anderen handelt es sich um Einsatzkräfte. Neben wichtiger Infrastruktur wurden auch drei Einrichtungen beziehungsweise Standorte der Asayîş attackiert.


Angekündigte Militärgewalt

Die Türkei begründet ihre Militärgewalt gegen die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien mit dem Recht auf Selbstverteidigung und Vergeltung. Der türkische Außenminister Hakan Fidan hatte am Mittwoch vermeintliche Infrastruktur der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Volksverteidigungseinheiten (YPG) im Irak und in Syrien als legitime Angriffsziele benannt und behauptet, die beiden an der Fedai-Aktion auf das Innenministerium in Ankara vergangenen Sonntag beteiligten Guerillakämpfer seien in Nordsyrien ausgebildet worden und von dort über die hochgesicherte Grenze in die Türkei gelangt. Die Behörden und Verteidigungskräfte der AANES als auch die PKK wiesen diese Darstellung als „Lüge“ zurück und sprachen von einem konstruierten Kriegsvorwand.

Umspannwerk im Norden von Qamişlo nach einem türkischen Luftangriff | Foto: ANHA

Angriffe auf Zivilbevölkerung und Energieinfrastruktur sind Kriegsverbrechen

Schon am Mittwoch war es in Nordostsyrien zu schweren türkischen Drohnenangriffen gekommen. In den Tagen zuvor flog die Luftwaffe des NATO-Partners mehrere Angriffswellen in Südkurdistan (Kurdistan-Region Irak, KRI). Am Donnerstag hat die Türkei ihre seit langem schwersten Angriffe gegen die nordostsyrischen Autonomiegebiete verübt. Mindestens 15 Killerdrohnen drangen in den von den USA kontrollierten Luftraum der Region ein und bombardierten lebenswichtige Einrichtungen wie Umspannwerke und Elektrizitätsverteilerstationen, Wasserpumpstationen, Öl- und Gasförderanlagen sowie Tankstellen, einen Staudamm, Fabriken, ein Vertriebenenlager sowie mehrere Dörfer. Dabei wurde unter anderem die Stromversorgung in Hesekê, Qamişlo und Amûdê getroffen, weite Teile sind von der Versorgung abgeschnitten. Angriffe auf Zivilbevölkerung und Energieinfrastruktur stellen nach dem Völkerrecht Kriegsverbrechen dar. Die internationale Gemeinschaft lässt Ankara dennoch frei gewähren.