Die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien hat dreißig Waisen, deren Eltern beim selbsternannten IS waren und die russische Staatsbürgerschaft besaßen, an Russland übergeben. Für die Rückführung traf am Donnerstag in Qamişlo eine Delegation der russischen Ombudsstelle für Kinderrechte ein. Die Übergabe an Larisa Nikolaevina und Helena Alexandrovna, zwei Vertreterinnen der russischen Kinderrechtsbeauftragten Anna Kuznetsowa, fand bei der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten der Selbstverwaltung statt. An der Zusammenkunft nahmen neben dem Ko-Ressortleiter Abdulkarim Omar auch die stellvertretende Vorsitzende des Frauenkomitees der Cizîrê-Region, Derya Ramazan teil.
Die überwiegende Mehrheit der russischen IS-Waisen, die nun über Damaskus in ihr Heimatland zurückgeführt werden, war zuletzt im Internierungslager Hol (al-Haul), etwa 45 Kilometer südöstlich von Hesekê untergebracht. Die Eltern der Kinder sind in Ostsyrien im Zuge der Befreiungsoffensive gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) ums Leben gekommen.
Omar: Neue IS-Generation in Hol
Nach einem Gespräch beider Seiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit warnte Abdulkadir Omar bei einer gemeinsamen Pressekonferenz vor der Gefahr einer neuen „IS-Generation”, die in Camp Hol heranwächst. Schon länger weisen die Autonomiebehörden darauf hin, dass sich das Lager zu einer „Brutstätte” entwickelt hat, in der sich die Dschihadisten reorganisieren. Die Ideologie der Terrormiliz wird insbesondere von ausländischen IS-Anhängerinnen in organisierten Unterrichtsgruppen an Minderjährige weitergegeben. Entsprechend hoch sei daher der Radikalisierungsgrad der Kinder.
Kinder gehören nicht in Internierungslager
„Die Autonomieverwaltung setzt sich intensiv dafür ein, dass diese Kinder nicht in Camps sondern in einer familiären, kindgerechten und vor allem sicheren Umgebung aufwachsen. Minderjährige gehören nicht in Lager, in denen IS-Dschihadisten interniert sind”, sagte Omar. Doch solange die Herkunftstaaten sich aber weigerten, Staatsangehörige und deren Kinder zurückzunehmen, könne kaum verhindert werden, dass die nächste Generation des IS heranwächst.
Bisher 68 Waisen an Russland übergeben
Larisa Nikolaevina bedankte sich für die kooperative Zusammenarbeit mit den nordostsyrischen Behörden für die Übergabe der russischen IS-Waisen. Etwa ein Jahr habe die russische Ombudsstelle gemeinsam mit der Autonomieverwaltung an der Rückführung gearbeitet. Im Februar wurden bereits 35 IS-Waisen aus Nord- und Ostsyrien in die Russische Föderation gebracht. Im Frühjahr 2019 waren insgesamt drei Kinder von getöteten Dschihadisten an eine Delegation der russischen Staatsduma übergeben worden.