Das Camp Hol beherbergt 67.000 Personen aus 50 verschiedenen Ländern und gilt als eines der gefährlichsten Lager der Welt. Hier sind auch Tausende IS-Familien untergebracht, die nach der Einnahme der letzten Bastion der islamistischen Terrororganisation in Ostsyrien im März letzten Jahres von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) aufgegriffen wurden. Während die Weltöffentlichkeit den militärischen Sieg über den IS noch mit Spannung verfolgte, sind die IS-Mitglieder im Camp Hol inzwischen in Vergessenheit geraten.
Türkische Invasion in Nordsyrien hat den IS wiederbelebt
Die türkische Invasion in Nordsyrien hat dem IS neuen Auftrieb verliehen. Diese Entwicklung zeichnet sich auch im Camp Hol ab. Einhergehend mit der politischen Krise im Irak und der türkischen Besatzung von weiteren Teilen Nordsyriens ist der IS in beiden Ländern erneut aktiviert worden.
Sprecher der internationalen Koalition gegen den IS bestätigen diese Entwicklung, es werden jedoch keine Gegenmaßnahmen getroffen. Eine der Brutstätten, in der sich der IS reorganisiert, ist das Camp Hol südöstlich von Hesekê.
Zwischenzeitlich befanden sich über 70.000 Menschen in dem Lager, die meisten davon Frauen und Kinder. Ungefähr 5000 Personen aus Syrien sind von der Autonomieverwaltung in den letzten Monaten freigelassen worden, weil in ihren Fällen berücksichtigt wurde, dass sie zum Beitritt im IS gezwungen worden waren. Etwa 1200 Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft sind ihren Herkunftsländern übergeben worden. Nach Angaben der Camp-Leitung leben momentan ungefähr 67.000 Menschen in Hol.
Hisba-Wächterinnen als Vollstreckerinnen
Die Reorganisierung des IS findet im Camp Hol über Frauen statt. Im Camp ist eine „Hisba-Struktur“ gegründet worden, die sich aus Dschihadistinnen zusammensetzt und über das Leben im Lager wacht. Die Hisba ist im Islam eine religiöse Institution für die Wahrung der Ordnung der Scharia. Die Hisba-Frauen in Hol sind überwiegend Ausländerinnen. Sie führen geheime Schulungen durch, bilden Gerichtshöfe und setzen Sanktionen um.
Der Kontakt mit der Außenwelt wird über den Social-Media-Anbieter Telegram gehalten. Wer sich der Terrororganisation widersetzt, wird zum Tod verurteilt und getötet. In den letzten acht Monaten sind mindestens 26 Frauen ermordet worden, weil sie sich nicht an Anweisungen gehalten haben. Die Camp-Leitung geht jedoch von einer noch höheren Anzahl aus. In den meisten Fällen werden die Todesurteile mit scharfen Gegenständen oder Stichwaffen vollstreckt. Die Leichen werden überwiegend unter den Zelten vergraben.
Bei den Hisba-Wächterinnen im Camp Hol handelt es sich nicht um ein erstmalig aufgetretenes Phänomen. Auch im Camp in Ain Issa organisierte sich der IS unter einem ähnlichen Namen. Als der türkische Staat am 9. Oktober 2019 seine Invasion in Nordsyrien startete, war dieses Camp eines der ersten Angriffsziele, um die IS-Familien zu befreien. Für die IS-Mitglieder im Camp Hol war diese Entwicklung hochgradig motivierend.
Hemrîn Hesen aus der Leitung von Camp Hol befürchtet große Probleme in der Zukunft. Diese Probleme betreffen nicht nur die Region, sondern stellen eine Gefahr für die gesamte Welt dar. Die UN haben anders als in anderen Teilen der Welt keine Verantwortung für das Lager übernommen. Die Verantwortung liegt allein bei der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien.