Justizreformpaket vom Parlament verabschiedet

Das umstrittene „10. Justizreformpaket“, das insbesondere Änderungen des Gesetzes über die Vollstreckung von Straf- und Sicherheitsmaßnahmen enthält, ist vom türkischen Parlament verabschiedet worden.

Acht Artikel gestrichen

Das als „10. Justizreformpaket“ bekannte Gesetzespaket, das Änderungen des Gesetzes über die Vollstreckung von Straf- und Sicherheitsmaßnahmen sowie mehrerer anderer Gesetze umfasst, wurde vom türkischen Parlament verabschiedet.

Nach scharfer Kritik seitens der DEM-Partei und anderer Oppositionsparteien wurden acht von dreißig Artikeln aus dem umfassenden Justizreformgesetz gestrichen, bevor es vom Parlament verabschiedet wurde.

Erhöhung der Strafen

Gemäß der neuen Regelung wurden sowohl Unter- wie auch Obergrenzen für Freiheitsstrafen für Straftaten und versuchte Straftaten erhöht. So wurde beispielsweise die Mindeststrafe für einfache Körperverletzung von 4 Monaten auf 6 Monate erhöht, in Fällen schwerer Körperverletzung wurde die Mindeststrafe von 3 Jahren auf 4 Jahre angehoben.

Auch die Mindeststrafe für das Fahren unter Alkohol- oder Drogeneinfluss wurde von 3 Monaten auf 6 Monate erhöht.

In den vorausgegangenen Diskussionen hatte die DEM-Partei bereits kritisiert, dass sich das Paket auf verschärfende Elemente fokussiere, anstatt auf strukturelle Neuerungen. Dies widerspräche der Notwendigkeit einer moralisch-politischen Transofmation.

Vollzug im Hausarrest

Die Strafvollzugsbeschränkungen, welche die Verbüßung der Haftstrafe in der Nacht und am Wochenende regelt, wurden verschärft. Die Strafvollzugszeiten im Hausarrest, die bei Frauen, älteren Menschen und Kindern angewendet werden, werden durch das Reformpaket hingegen verlängert. Verurteilte über 80 Jahre können Freiheitsstrafen von bis zu sechs Jahren zu Hause verbüßen.

Schwer kranke Häftlinge können ihre Strafe zu Hause verbüßen

Das 10. Justizreformpaket beinhaltet auch einen Artikel, der festhält, dass schwer kranke oder behinderte Häftlinge ihre Haftstrafe im Hausarrest verbüßen dürfen, sofern festgestellt wird, dass sie unter den Haftbedingungen nicht überleben können. Von dieser Regelung sind lebenslänglich Verurteilte explizit ausgeschlossen.

Die CHP wie auch die DEM-Partei hatten diese Einschränkung im Vorhinein als Verletzung des Gleichheitsgebots der Verfassung kritisiert und unterstrichen, dass politische Gefangene und „Lebenslängliche“ weiterhin von den Verbesserungen ausgeschlossen blieben.

Umstrittene Artikel gestrichen

Nach heftiger Kritik der Opposition wurden einige der umstrittenen Artikel des Entwurfs gestrichen, bevor das Parlament das Reformpaket verabschiedete. Dies betrifft beispielsweise die Internetzensur, Vorschriften in Bezug auf inhaftierte Kinder sowie verschärfte Strafen für Straßenblockaden. Darüber hinaus wurden auch Bestimmungen gestrichen, die der Behörde für Informations- und Kommunikationstechnologien (BTK) die Befugnis einräumten, Zugänge zu Sozialen Netzwerken ohne gerichtliche Anordnung zu sperren.