DEM kritisiert Justizpaket als unzureichend für Frieden und Rechtsstaat

Die Abgeordneten der DEM im Justizausschuss äußern sich kritisch zum 10. Justizpaket. Sie werfen der Regierung vor, mit den geplanten Reformen systematische Diskriminierung fortzusetzen und Chancen auf gesellschaftlichen Frieden zu verspielen.

Feindstrafrecht wird verschärft

Die Mitglieder der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) im Justizausschuss des türkischen Parlaments, Dilan Kunt Ayan, Zülküf Uçar und Onur Düşünmez, haben zum 10. Justizpaket der Regierung eine umfangreiche Gegendarstellung verfasst. Sie bemängeln darin eine fehlende Vision für gesellschaftlichen Frieden und die anhaltende Benachteiligung politischer Gefangener.

In dem Widerspruchsdokument wird betont, dass die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen – insbesondere mit Blick auf den Diskurs über eine politische Lösung der kurdischen Frage – mutige Schritte erfordern. „Die vorliegende Gesetzesvorlage bleibt jedoch weit hinter diesen Anforderungen zurück“, so die Parlamentarier:innen.

Kritik an fehlender Einbeziehung politischer Gefangener

Als vorrangige Maßnahme für die Glaubwürdigkeit eines Friedensprozesses wird in der Stellungnahme die Freilassung politischer Gefangener genannt. Die Abgeordneten kritisieren, dass trotz hoher Erwartungen keine Regelung zur Verbesserung der Situation dieser Inhaftierten enthalten sei. Vielmehr zeige sich ein diskriminierender Umgang mit politischen Gefangenen, der laut der DEM-Partei eine der Hauptursachen für das Scheitern früherer Friedensbemühungen sei.

Reformbedarf statt Verschärfung

Das Paket fokussiere sich – so die Kritik – erneut auf verschärfende Elemente im Strafrecht und verzichte auf strukturelle Reformen, die Ursachen von Straftaten beheben könnten. Die DEM-Partei fordert ein Ende der „Bestrafungspolitik“ und betont stattdessen die Notwendigkeit moralisch-politischer Transformation.

Verfassungsrechtliche Bedenken wegen Ungleichbehandlung

Insbesondere bemängeln die Abgeordneten Ungleichbehandlungen zwischen politischen und sogenannten allgemeinen Gefangenen. Regelungen zur frühzeitigen Haftentlassung oder zur Haftverschonung bei Krankheit würden regelmäßig nur auf nicht-politische Gefangene angewendet. Dies sei mit dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung nicht vereinbar.

Kritik an Ausnahmezustandsjustiz und „Feindstrafrecht“

Die Praxis, politische Gefangene systematisch aus strafrechtlichen Erleichterungen auszuschließen, stelle eine „Feindstrafrecht-Logik“ dar, die nicht mit rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar sei. Besonders die lebenslange Isolationshaft für verurteilte politische Aktivist:innen stelle eine Verletzung der Menschenwürde dar.

Gesundheit und Alter als Selektionskriterium?

Auch die neuen Regelungen zum Strafvollzug für kranke und ältere Gefangene werden von der DEM-Partei scharf kritisiert. Die Ausnahmen, die Erleichterungen erlauben, seien so ausgestaltet, dass politische Gefangene faktisch ausgeschlossen bleiben. „Werden politische Gefangene nicht krank oder alt?“, fragen die Abgeordneten rhetorisch.

Forderung nach inklusivem Rechtsstaat

Die Abgeordneten fordern, das Justizpaket grundlegend zu überarbeiten und politische Gefangene einzubeziehen. Nur so könne Vertrauen in einen inklusiven Rechtsstaat entstehen, heißt es in der Stellungnahme. Eine umfassende Justizreform müsse die Gleichbehandlung aller Inhaftierten sichern und über diskriminierende Sondervorschriften hinausgehen. „Wir benötigen eine Justizpolitik, die Menschenwürde, gesellschaftliche Teilhabe und die Lösung chronischer politischer Konflikte ins Zentrum rückt“, so die DEM-Fraktion. Dem Plenum wird das Justizpaket morgen vorgelegt.