Abdulkarim Omar, Ko-Vorsitzender des Büros für Außenbeziehungen der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens, ist am Donnerstag im Rahmen einer diplomatischen Rundreise in Helsinki mit dem finnischen Außenminister Pekka Haavisto zusammengekommen. Bei dem Treffen wurden die von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) festgehaltenen IS-Dschihadisten und ihre Frauen und Kinder im Hol-Camp im nordostsyrischen Hesekê angesprochen. Omar betonte, man dürfe nicht nur die gefangenen IS-Dschihadisten betrachten, stattdessen müssten die Herkunftsstaaten auch die Verantwortung für deren Frauen und Kinder übernehmen. Die Selbstverwaltung habe nicht die Kapazitäten, diese Personen allein zu versorgen und zu sichern. Omar erklärte im Anschluss an das Treffen, man verfüge in Rojava über alle notwendigen Informationen und Beweise, um die dort festgehaltenen IS-Dschihadisten vor Gericht zu stellen.
„Wir können Hol als die neue Hauptstadt des IS bezeichnen“
Omar führte aus: „Die Situation im Camp Hol ist ziemlich schlecht. Wir können sagen, dass es sich um die neue Hauptstadt des IS handelt. Hol ist eine Zeitbombe. Wenn die Kinder im Camp aufwachsen, dann können aus ihnen noch schlimmere Terroristen als ihre Väter werden.“ Der kurdische Politiker unterstrich die Notwendigkeit von Hilfe aus der EU und auch den skandinavischen Ländern.
„Gemeinsamer Gerichtshof notwendig“
Omar schlug dem finnischen Außenminister vor, ein gemeinsames Gericht einzurichten, um die Verfahren gegen IS-Dschihadisten aus Finnland zu führen. Dieser Gerichtshof solle in Syrien sein, wo sich Zeug*innen und Beweise befinden.
„Es ist ein Unrecht, dass die Länder ihre Staatsbürger nicht zurücknehmen“
Omar kritisierte die Länder der Anti-IS-Koalition und warf ihnen vor, Rojava und Nordsyrien nach dem Sieg über den IS im Stich gelassen zu haben. „Die europäischen Staaten wollen ihre Staatsbürger nicht zurückhaben, weil sie für sie selbst eine Bedrohung darstellen. Das ist ein Unrecht uns gegenüber.“
Im Dezember vergangen Jahres hatte die Frage der finnischen Staatsbürger*innen im Camp Hol zu einer Regierungskrise geführt. Die vier Oppositionsparteien im finnischen Parlament hatten die Regierung beschuldigt, die Rückholung von Frauen und Kindern aus dem Camp ohne Einbeziehung des Parlaments zu organisieren und gegenüber Haavisto einen Misstrauensantrag gestellt.
Familien von IS-Angehörigen aus Somalia haben sich in Skandinavien organisiert
Die Angehörigen von ursprünglich somalischen Frauen und Kindern mit skandinavischen Staatsbürgerschaften, die im Camp festgehalten werden, protestieren gegen die fehlende Bereitschaft zur Rückholung ihrer Regierungen in Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland. Die Familien verlangen zumindest, dass ihre Angehörigen nach Somalia gebracht werden. Sie berichten, dass sich wenigstens die somalische Regierung dazu bereit erklärt hätte und den Transport nach Somalia angeordnet habe. Ein Vertreter der etwa 50 somalischen Familien in Skandinavien erklärt: „Wir sind 15 Personen, die hier in Schweden zusammenarbeiten. Wir haben Kontakte nach Finnland, Norwegen und Dänemark. Wir betrachten uns selbst als Skandinavier.“
„Wir können binnen zwei Monaten mit den Verfahren beginnen“
Nach Angaben finnischer Medien wurde das Angebot, einen gemeinsamen Gerichtshof in Rojava zu errichten, abgelehnt. Daraufhin hat die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien bekannt gegeben, man bereite die Verfahren gegen die IS-Mitglieder nun selbst vor. Abdulkarim Omar erklärte, die Vorbereitungen gingen schnell voran und man werde die IS-Dschihadisten binnen zwei Monaten vor Gericht stellen.