Nach dem Seebeben im Golf von Gemlik in der Westtürkei haben Tausende Menschen in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien gesicherte Informationen über den Zustand von Abdullah Öcalan gefordert. Das Zentrum des Bebens am Montagvormittag lag etwa vier Kilometer von der Küste des Luftkurorts Mudanya, auf der weiter nordöstlich gelegenen Gefängnisinsel Imrali befinden sich der kurdische Vordenker Abdullah Öcalan sowie seine Mitgefangenen Hamili Yıldırım, Ömer Hayri Konar und Veysi Aktaş in Isolationshaft. Durch das Seebeben verschärft sich die Sorge um die Imrali-Gefangenen, zu denen es seit März 2021 keinen Kontakt mehr gibt.
Bereits am Montag gingen zahlreiche Menschen in Qamişlo, Dêrik, Girkê Legê und Til Hemîs auf die Straßen. Heute kam es zu weiteren Demonstrationen in Çilaxa, Til Koçer, Til Hemîs, Kobanê, Minbic, Aleppo, Raqqa, Hesekê, Til Birak und Şedade. Die Demonstrant:innen forderten einen sofortigen Besuch des Anwaltsteams von Abdullah Öcalan und seiner Mitgefangenen auf Imrali. An den Protesten nahmen Vertreter:innen der Autonomieverwaltung (AANES) und politischer Parteien und Organisationen teil, darunter der Frauenverband Kongra Star, die Revolutionäre Jugendbewegung Syriens, Berufsverbände und Angehörige von Gefallenen, die sich in Räten organisieren.
Der PYD-Politiker Ebduselam Ebas kritisierte in Çilaxa die rechtswidrige Isolierung von Abdullah Öcalan und das Schweigen internationaler Institutionen zu der illegalen Incommunicado-Haft auf der Gefängnisinsel Imrali und forderte einen Anwaltsbesuch, um Informationen über den Gesundheitszustand der Gefangenen zu erhalten.
In Kobanê versammelten sich Hunderte Menschen mit Bildern von Öcalan auf dem Platz der freien Frau. Eine Vertreterin von Kongra Star hielt bei der Demonstration eine Ansprache, in der sie erklärte, dass die Menschen in der Region aufgrund des Seebebens in Sorge um den kurdischen Vordenker sind und sofortigen Kontakt fordern.
Abdullah Öcalan befindet sich seit Februar 1999 im Hochsicherheitsgefängnis auf der Insel Imrali im Marmarameer und ist einer vollständigen Kontaktsperre ausgesetzt. Der PKK-Vorsitzende und Begründer der kurdischen Befreiungsbewegung gilt als Schlüsselfigur für eine Lösung der kurdischen Frage. Im Oktober wurde eine internationale Kampagne für seine Freilassung initiiert. In der Türkei sind Anfang vergangener Woche politische Gefangene in einen Hungerstreik getreten. Die Hungerstreikenden in mittlerweile 106 türkischen Haftanstalten fordern die sofortige Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage.