Parlamentswahl in syrischen Regimegebieten

In Syrien finden an diesem Montag Parlamentswahlen in den vom Regime beherrschten Gebieten statt. Das Ergebnis dürfte wenig überraschend ausfallen.

MSD fordert Boykott

Zum vierten Mal seit Ausbruch des Krieges in Syrien finden in den vom Regime kontrollierten Gebieten des Landes Parlamentswahlen statt. Das Ergebnis dürfte wenig überraschend ausfallen. Die seit 1963 herrschende Baath-Partei des Landzeitherrschers Baschar al-Assad und ihre panarabischen Verbündeten traten ohne Opposition an.

Etwas mehr als 1.500 Kandidierende ließ Damaskus zur Wahl für die 250 Sitze im Parlament zu. Rund 7.400 Bewerberinnen und Bewerber zogen ihre Kandidatur in den vergangenen Tagen nach Angaben des nationalen Wahlausschusses wieder zurück. Die rund 8.100 Wahllokale sollen noch bis 19.00 Uhr geöffnet bleiben.

Die genaue Zahl der Stimmberechtigten ist unklar. Mehrere Millionen syrische Bürgerkriegsflüchtlinge im Ausland dürfen nicht abstimmen. Auch die Menschen in der Demokratischen Selbstverwaltung für die Region Nord- und Ostsyrien (DAANES) sowie Syrerinnen und Syrer in der von Dschihadisten beherrschten Provinz Idlib sind faktisch nicht wahlberechtigt.

Wahlboykott auf Initiative des MSD

Bürgerinnen und Bürger der DAANES, die außerhalb der nordostsyrischen Autonomieregion leben, waren am Montag zu einem Boykott der Abstimmung aufgerufen. Die Initiative dazu, die sich an die gesamte syrische Nation richtete, kam vom Demokratischen Syrienrat (MSD). Das Gremium bezeichnete die Wahl als absurd. Undemokratischen und nicht transparente Wahlen würden keinen politischen Wandel in dem Land schaffen. Die Syrien-Krise brauche eine würdevolle und umfassende politische Lösung im Einklang mit der Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrates, damit die Hoffnungen der syrischen Nation auf ein Ende des Krieges und des Wiederaufbaus ihrer Heimat verwirklicht werden können. „Ein innersyrischer Dialog wäre die entscheidende Grundlage für das Erreichen einer nachhaltigen Lösung, die die Interessen aller Syrerinnen und Syrer garantiert“, betonte der MSD in einer Mitteilung.

Über den Demokratischen Syrienrat

Der Demokratische Syrienrat ist eine 2015 gegründete Versammlung, die politische Parteien und Organisationen in Nord- und Ostsyrien vertritt. Der MSD schafft einen politischen Rahmen für die Regierungsführung in Syrien nach einem dezentralen und föderalen Modell. Er ist das politische Gremium, dem die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) Bericht erstatten. Er ist auch das politische Gegenstück zur Selbstverwaltung, die mehr administrative und exekutive Funktionen übernimmt. Die Verhandlungen mit der syrischen Regierung sowie die diplomatischen Beziehungen mit anderen Ländern werden in der Regel über den MSD geführt.

Der Krieg in Syrien

Am 15. März 2011 begann mit Protesten gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad die Tragödie in Syrien. Nachdem diese gewaltsam niedergeschlagen wurden, brach ein blutiger Bürgerkrieg aus, der sich zu einem Stellvertreterkrieg wandelte und bis heute andauert. In den Syrien-Krieg sind mehrere Drittstaaten involviert, die militärische oder politische Interessen in dem Land haben. Der wichtigste internationale Unterstützer des Assad-Regimes ist Russland: Mithilfe der russischen Armee eroberte Assad in den vergangenen Jahren zahlreiche Gebiete von Dschihadistenmilizen zurück. Der syrische Luftraum wird de facto von Russland kontrolliert.   

Ebenfalls an der Seite des Assad-Regimes steht die Mullah-Führung Irans. Pro-iranische Milizen wie die schiitische Hisbollah spielten in dem Krieg bereits früh eine Rolle. Seit 2014 befinden sich auch die iranischen Revolutionsgarden in dem Land. Die wohl wichtigste Aggressorin in Syrien ist neben Russland die Türkei. Im selbstverwalteten Norden des Landes hat sie in den vergangenen Jahren mehrere Angriffskriege gegen die hauptsächlich kurdische Bevölkerung geführt und weite Teile der Region völkerrechtswidrig besetzt, darunter Efrîn, Serêkaniyê und Girê Spî.

Nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen wurden im Syrien-Krieg bisher mehr als eine halbe Million Menschen getötet. Weitere 13 Millionen Menschen sind entweder aus dem Land geflohen oder wurden innerhalb der Landesgrenzen vertrieben. Über 130.000 Menschen gelten zudem als vermisst. Das ungeklärte Schicksal der Verschwundenen ist eine der größten Tragödien des Syrienkrieges.

Foto: North Press