Keine Lockerungen der Corona-Einschränkungen in Rojava

Rojin Ehmed vom Gesundheitskomitee des nordsyrischen Kantons Qamişlo hält Lockerungen der Coronavirus-Einschränkungen in Rojava derzeit für nicht möglich. Auch die Mehrheit der Bevölkerung hält den Lockdown für angemessen.

Die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien hat zur Eindämmung der Corona-Pandemie am 23. März eine Ausgangssperre erlassen. Mehrfach wurde das Ausgangsverbot bereits verlängert, zuletzt bis zum 1. Mai. Wir haben mit Rojin Ehmed, der Ko-Sprecherin des Gesundheitskomitees in Qamişlo, über die bisher getroffenen Maßnahmen gegen die Viruserkrankung gesprochen.

„Mit der weltweiten Ausbreitung von Covid-19 haben auch wir schnelle Maßnahmen ergriffen, um eine Einschleppung des Virus zu verhindern. Zuallererst wurden die Grenzübergänge geschlossen“, erklärt Ehmed. Pandemiepräventionsteams sorgen seitdem für die regelmäßige Desinfektion von Straßen, Plätzen, Geschäften und öffentlichen Einrichtungen. „Parallel zur Ausrufung der Ausgangssperre wurden in den Städten Krisenstäbe eingerichtet, welche das Vorgehen vor Ort koordinieren. In Dêrik wurden zwei Arbeitsgruppen für einen möglichen Notstand gebildet. Anschließend sind bis auf wenige Ausnahmen nahezu alle öffentlichen Einrichtungen geschlossen worden. Die Reisefreiheit wurde außer Kraft gesetzt. Damit sind Fahrten zwischen Städten innerhalb Nord- und Ostsyriens außer in äußerst dringenden Fällen verboten.“

Nach Angaben von Ehmed wurden überall in Nord- und Ostsyrien Quarantänezentren eingerichtet, sollten Corona-Verdachtsfälle auftreten. Zudem wurden alle Gesundheitszentren einer speziellen Reinigung unterzogen. In Dêrik gibt es mittlerweile eine Corona-Station mit 24 Betten. Das Personal werde regelmäßig zur Verwendung und Wiederaufbereitung von Medizinprodukten und Sicherheitsschutzgeräten geschult. Die Grenzübergänge sind ausschließlich für den Verkehr unverzichtbarer Güter offen, Teams der Gesundheitskomitees führen dort zudem Fiebermessungen durch. Alle Fahrzeuge werden desinfiziert, bevor sie in das Autonomiegebiet fahren.

Dass der Flugverkehr zwischen Syriens Hauptstadt Damaskus und Qamişlo – der Flughafen wird vom Regime kontrolliert – noch immer nicht eingestellt wurde, bereite allerdings Probleme, führt Ehmed aus. „Einreisende werden eine Corona-Kontrolle unterzogen und anschließend in Quarantänezentren transferiert. Mittlerweile gibt es im Autonomiegebiet auch zwei Testgeräte. Bisher haben wir 20 Personen getestet. Alle Ergebnisse fielen negativ aus.“

In Dêrik gibt es zwei Flüchtlingslager: das Camp Newroz und das Roj-Camp. Beide Einrichtungen werden vom Kurdischen Roten Halbmond betrieben. Das Gesundheitskomitee ist in ständigem Kontakt mit der Hilfsorganisation, die sich innerhalb der Camps um die Umsetzung der Schutzmaßnahmen kümmert. „Von internationalen Einrichtungen und Organisationen erhalten wir keine Hilfe. Das ist ein großes Problem, denn unsere Kapazitäten sind erschöpft, wir haben große Schwierigkeiten. Vor allem fehlt es uns in den Camps an medizinischem Alltagsbedarf und entsprechenden Geräten. Die internationalen Organisationen sollten die Region endlich unterstützen“, fordert Ehmed.

Bisher keine bestätigten Infektionsfälle

In der Autonomieregion ist bisher eine Person an der Lungenkrankheit Covid-19 verstorben. In Şehba musste wegen eines Infektionsverdachts ein Dorf unter Quarantäne gestellt werden, der Betroffene ist in ein Krankenhaus in Aleppo gebracht worden. Weitere Infektionsfälle sind nicht bekannt.