In Ain Issa wird das Brot knapp

Der türkische Staat baut seine Militärstellungen vor Ain Issa weiter aus. In der nordsyrischen Stadt wird das Brot knapp. Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien weist die von Russland forcierte Option einer Übergabe an Damaskas zurück.

Seit sieben Wochen finden kontinuierliche Angriffe der türkischen Besatzungstruppen auf Ain Issa statt. Der türkische Staat baut seine Stellungen in der nordsyrischen Region weiter aus. Nach Angaben von ANHA ist ein türkischer Militärposten mit schweren Waffen nur 500 Meter vor der umkämpften Verbindungsstraße M4 errichtet worden. In einem Kilometer Entfernung befindet sich ein von Russland und der syrischen Regierung errichteter gemeinsamer Posten.

Erst am Sonntagabend sind zwei Menschen aus der Zivilbevölkerung bei einem Artillerieangriff auf Ain Issa verletzt worden. In der Region kommt es inzwischen zu Brotknappheit, weil das Weizensilo im Dorf Mişerfa seit Wochen täglich angegriffen wird. Das Silo bietet Raum für 12.000 Tonnen Weizen und ist für die Bevölkerung von strategischer Bedeutung. Täglich werden 650 Tonnen an sechs Bäckereien in Ain Issa ausgeliefert. Seit Mitte Dezember ist der Transport aufgrund der ständigen Angriffe schwierig geworden. Inzwischen wird Mehl aus der Gemeinde Çelebiyê bei Kobanê geholt. Der Weizen im nahegelegenen Girê Spî (Tall Abyad) ist von den türkischen Besatzungstruppen beschlagnahmt worden. In Mişerfa lagern noch ungefähr 2100 Tonnen Mehl.

Selbstverwaltung weist Übergabe von Ain Issa zurück

Russland verhält sich weiterhin nicht zu der Verletzung der im Oktober 2019 mit der Türkei vereinbarten Waffenruhe. Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien soll durch die permanenten Angriffe mürbe gemacht und zur Übergabe der strategisch wichtigen Kleinstadt an das Regime in Damaskus gezwungen werden. Ain Issa war bis zur türkischen Invasion im Herbst 2019 das administrative Zentrum der Autonomiegebiete im Nordosten Syriens und ist das Verbindungsglied zwischen Aleppo, Hesekê, Deir ez-Zor, Kobanê und Minbic.

Bedran Çiya Kurd vom Exekutivrat der Selbstverwaltung hat unterdessen erneut die Behauptung zurückgewiesen, dass Ain Issa aufgegeben und die Kontrolle Damaskus überlassen werden soll. Syrien sei seit langer Zeit zum Austragungsort der Interessenskonflikte zwischen den USA und Russland geworden, erklärte der kurdische Politiker gegenüber ANHA. Wenn die relative Stabilität in den Autonomiegebieten zerstört werde, drohe eine Wiederbelebung des IS. Russland habe bereits die Besatzung von Efrîn, Girê Spî und Serêkaniyê zugelassen und wolle seinen Einfluss in der Region ausbauen.

Bedran Çiya Kurd warnt davor, dass der Besatzungsplan sich nicht auf Ain Issa beschränkt, sondern auch Kobanê, Minbic und die Region Cizîrê umfasst. Ein Abkommen mit Russland zur Übergabe von Ain Issa an das syrische Regime schließt er kategorisch aus: „Ain Issa bleibt unter der Administration der Selbstverwaltung und wird von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) verteidigt. Gegen die Angriffe wird Widerstand geleistet.“