Omar: Es ist Zeit, die Selbstverwaltung offiziell anzuerkennen

Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien verfügt über Vertretungen in acht verschiedenen Ländern. „Auch wenn es eine De-facto-Anerkennung gibt, ist es jetzt Zeit für einen Status auf internationaler Ebene“, glaubt der Außenbeauftragte Abdulkarim Omar.

Dr. Abdulkarim Omar ist Ko-Außenbeauftragter der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien. Mit Mehmet Ekinci von der Nachrichtenagentur ANHA sprach er über die diplomatische Praxis der Autonomieverwaltung, deren Schwerpunkt auf der Gesellschaftsdiplomatie liegt. Diese Methode habe sich gerade während der Invasion von Serêkaniyê (arab. Ras al-Ain) und Girê Spî (Tall Abyad) als „wesentlich sinnvoller und nachhaltiger“ als die Beziehung zu Staaten gezeigt, unterstreicht Omar. Mit Blick auf die Bemühungen für eine langfristige und friedliche Lösung der Syrienkrise sei es für internationale Gremien an der Zeit, die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien anzuerkennen und ihre Beteiligung an Verhandlungen als Notwendigkeit zu erachten.

Können Sie uns zunächst einen Einblick in die diplomatische Arbeit der Selbstverwaltung geben?

Im Jahr 2014, mit der Ausrufung der demokratisch-autonomen Verwaltung, haben wir mit diplomatischen Aktivitäten begonnen. Wir haben offizielle Gespräche mit den Außenministerien verschiedener Länder aufgenommen. Aber insbesondere die europäischen Staaten haben anfangs die Gespräche mit uns sehr inoffiziell gehalten.

In der Folge des Kampfes gegen den Terror in der Region erreichten unsere diplomatischen Aktivitäten eine neue Dimension. Mittlerweile finden unsere diplomatischen Beziehungen in einem offiziellen Rahmen statt. Wir haben mit den Außenministerien verschiedener europäischer Staaten Gespräche geführt. Die USA, Kanada und Russland befinden sich im ständigen Austausch mit der Selbstverwaltung. Zudem reisen regelmäßig Delegationen in unsere Region. Unsere diplomatischen Aktivitäten dauern auf der Ebene des gegenseitigen Austauschs an. Im Moment finden aufgrund der Corona-Pandemie vor allem Videokonferenzen statt.

Natürlich führen wir nicht nur eine Diplomatie auf Staatsebene. Wir haben zu verschiedenen gesellschaftlichen Kreisen diplomatische Beziehungen und messen ihnen große Bedeutung bei. Wir treffen uns mit der Zivilgesellschaft und ihren Organisationen, Gewerkschaften, Intellektuellen und bekannten Persönlichkeiten. Aufgrund der Angriffe auf unsere Region nach dem Rückzug der US-Truppen gab es an vielen Orten auf der Welt Proteste. Das geschieht nicht von selbst. Diese Proteste zeigen, wie wichtig und wirksam unsere gesellschaftsdiplomatischen Aktivitäten sind.

Während unsere militärischen Einheiten ihre Aufgabe bei der Verteidigung der Region erfüllen, kommen wir unseren Pflichten auf diplomatischer Ebene nach und versuchen unserer Verantwortung gerecht zu werden. Wir bemühen uns, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen und unsere Arbeit der neuen Phase anzupassen.

Welche Themen werden vor allem mit den Delegationen diskutiert?

Einige der Delegationen möchten offizielle diplomatische Beziehungen aufbauen, andere wiederum bestehen aus Parlamentariern verschiedener Fraktionen und reisen unabhängig von ihren Staaten in die Region. Es gibt eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Einrichtungen, die hierherkommen und Verbindungen zur Selbstverwaltung aufbauen. Ihnen versuchen wir die Realität des Krieges hier zu vermitteln. Wir sprechen mit ihnen darüber, welche Art von humanitärer Hilfe in der Region geleistet werden sollte. Wir berichten den Delegationen über die politische Lage und teilen unsere Perspektiven zur Lösung der Krise mit. Das Wichtigste natürlich sind die Angriffe und die Besatzung durch die Türkei, ihre Vertreibungspolitik. Wir sprechen außerdem über die Situation der Vertriebenen und Schutzsuchenden.

Die Lage der IS-Gefangenen

Bei verschiedenen Treffen ging es immer wieder um die Übergabe der Angehörigen von ausländischen IS-Dschihadisten an ihre Herkunftsländer. Mit diesen Delegationen sprechen wir vor allem über die Führung von Verfahren gegen die gefangenen IS-Dschihadisten. Immer wieder haben wir betont, dass in unserer Region ein Gerichtshof eingerichtet werden muss, um Verfahren gegen IS-Mitglieder zu führen. Es gab auch mehrere Initiativen, die in diese Richtung gingen. Die IS-Verbrecher haben Terror gegen die Bevölkerung hier verübt. Hier sind die Beweise. Deshalb finden wir es richtiger, wenn die Verfahren hier geführt werden. Das sagen wir auch den Delegationen. In dieser Hinsicht muss die Selbstverwaltung Unterstützung erhalten.

Die Situation in Camp Hol und Camp Roj

Die Lager Hol und Roj sind wichtig und benötigen Hilfe von außen. Denn die Menschen in diesen Lagern sind nicht nur unser Problem, sondern eines der Weltgemeinschaft. Wir haben Kriegsversehrte. Sie wurden im Kampf gegen die Terroristen verletzt, viele haben einen Teil ihres Körpers verloren. Sie müssen durch Behandlung unterstützt werden. Das ist eine menschliche und moralische Angelegenheit. Auch hierüber reden wir mit den Delegationen, die zu uns kommen.

Jetzt breitet sich das Coronavirus mit rasender Geschwindigkeit auf der ganzen Welt aus. Wenn hier nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen werden und wir keine Unterstützung erhalten, wird es zu massiven Problemen kommen. Zum Beispiel gibt es die Gefängnisse, in denen die IS-Dschihadisten einsitzen, außerdem gibt es Dutzende Flüchtlingslager. Das macht die Gefahr durch Corona noch größer. Auch das ist für uns ein Thema, das wir immer wieder mit den Abordnungen diskutieren.

Herkunftsländer müssen ihre Dschihadisten übernehmen

Unter diesen Delegationen gibt es eine Reihe offizieller Initiativen, die explizit als Gesandte ihrer Regierung ins Autonomiegebiet reisen. Insbesondere mit einer Abordnung aus Schweden, die mehrmals hier war, findet ein intensiver Austausch über Unterstützungsmöglichkeiten für die Selbstverwaltung, über humanitäre Hilfe in der Region und die Behandlung der Kriegsversehrten statt. Außerdem gab es Delegationen aus dem Ausland, welche IS-Waisen oder Familien von IS-Dschihadisten in ihre Länder geholt und Flüchtlingslager besucht haben.

Ohne Zweifel können Probleme nicht unmittelbar durch diplomatische Gespräche gelöst werden. Sie erzeugen ohnehin nicht sofortige Ergebnisse. Manchmal bringen diplomatische Aktivitäten auf höchster Ebene positive Ergebnisse hervor, hin und wieder ziehen sich die Initiativen sehr lange hin und machen intensive Bemühungen und Kampf notwendig.

Die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien und der Demokratische Syrienrat (MSD) beispielsweise vertreten etwa fünf Millionen Menschen in der Region. Aber trotzdem werden wir aufgrund des türkischen Vetos aus den Genfer Gesprächen herausgehalten. Wir werden nicht an den Treffen für eine Verfassung für Syrien beteiligt. Wir glauben nicht, dass die Syrienkrise ohne die Kurden gelöst werden kann. Wir haben unter großen Opfern dreißig Prozent Syriens vom IS befreit. Wir sprechen auch mit England, Frankreich, den USA und einer Reihe anderer Staaten in Videokonferenzen über dieses Thema. Natürlich gibt es einige positive Entwicklungen. Alle, mit denen wir sprechen, sagen, dass wir in Zukunft an den genannten Konferenzen teilnehmen würden.

Erdoğan benutzt Dschihadisten, um seinen neoosmanischen Traum zu realisieren

Der türkische Staat setzt seine Angriffe auf Syrien und den Irak fort. Eigentlich will Erdoğan im Rahmen seines islamistischen Projekts die Muslimbrüder benutzen, um die Gebietsverluste der Osmanen im 20. Jahrhundert zu revidieren. Dafür hat er in Syrien, dem Irak und Libyen interveniert. Auch in Katar hat er ein Standbein aufgebaut und deswegen auch in Armenien eingegriffen. Es bestehen massive Probleme zwischen der türkischen Regierung und Österreich sowie mit Frankreich. Wir machen immer wieder deutlich, dass Erdoğans islamistische Politik die ganze Welt bedroht. Die Angriffe in Frankreich und Österreich haben dies wieder einmal gezeigt. Meiner Meinung nach ist sich die Welt dessen bewusst.

Welche Abkommen konnten durch die Gespräche herbeigeführt werden?

Ende 2019 unterzeichneten wir mit einer Einrichtung des schwedischen Staates ein Drei-Punkte-Abkommen. Es ging in erster Linie um das Hol-Camp. Dieses Lager stellt eine große Gefahr dar, denn dort werden Kinder in der Tradition des IS erzogen. Die Internierten haben sogar ihre eigenen Gerichte aufgebaut. Die wenigen Personen, die nicht so denken wie der IS, werden von ihnen hingerichtet. Außerdem werden Zelte verbrannt. Im Hol-Camp wurden in den letzten vier Monaten 35 Personen von Dschihadistinnen ermordet. Unsere Forderung ist in erster Linie, dass ein neues Camp aufgebaut wird. Es gibt radikale IS-Frauen, die von den anderen im Lager getrennt werden müssen. Wir planen Bildungszentren für Frauen und Schulen sowie Spielbereiche für Kinder einzurichten. Im zweiten Punkt geht es um die Behandlung der Kriegsversehrten, im dritten Punkt um die Einrichtung eines internationalen Gerichts für IS-Mitglieder.

Wie ich gesagt habe, wurde dieses Abkommen mit Hilfe des schwedischen Staats erreicht. Vor zwei Wochen hatte wir das vierte Treffen mit dieser Delegation. An der Online-Sitzung nahmen zwölf staatliche Vertreterinnen und Vertreter teil. Die Umsetzung dieses Abkommens wird von den USA und noch drei weiteren Staaten unterstützt werden.

Besteht also der Kontakt zu den Delegationen nach deren Besuchen fort?

Die Delegationen, die nach Nord- und Ostsyrien kommen, ob sie nun offizieller Natur sind oder es sich um Gewerkschaften, die Zivilgesellschaft, Intellektuelle oder Akademiker handelt, sie alle sehen die Realität der Selbstverwaltung. Sie sehen, dass die Selbstverwaltung alle ethnischen und religiösen Identitäten vertritt. So etwas gibt es auf diesem Niveau vielleicht nirgendwo sonst auf der Welt. Mit dem System der genderparitätischen Doppelspitze sind Frauen überall in der Selbstverwaltung vertreten. Diejenigen, die dies sehen, unterstützen uns dann in ihren Ländern mit aller Kraft. Sie werden unsere Freundinnen und Freunde.

Wir legen einen größeren Schwerpunkt auf die Entwicklung der Diplomatie mit den Völkern. Bei der Diplomatie mit den Staaten geht es nur um Interessen. Wenn zum Beispiel die Medien Druck aufbauen, können sie die Politik verändern. Deshalb sind die diplomatischen Beziehungen mit den Gesellschaften nachhaltiger und sinnvoller als die mit den Staaten.

Über unser Büro für Außenbeziehungen und unsere Auslandsvertretungen halten wir Kontakt mit den Delegationen, die unsere Regionen besucht haben. Im Moment haben wir Vertretungen in Schweden, Finnland, Dänemark und Norwegen, außerdem in Frankreich, Deutschland, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und in Belarus. Im kommenden Jahr werden wir eine Vertretung in England eröffnen.

Wie steht es um die Beziehungen mit den arabischen Staaten?

Wir wollen ohne Zweifel auch die Beziehungen zu den Staaten im arabischen Raum stärken. Die arabischen Staaten müssen bei der Lösung der Syrienkrise eine Rolle spielen. In Syrien gibt es Konfessionalismus und innere Auseinandersetzungen. Die arabischen Länder haben das Potential, positiv auf die Lösung dieser Fragen zu wirken. Aber so sehr wir auch die Beziehungen zu den arabischen Staaten ausbauen wollen, so gibt es doch immer noch Unzulänglichkeiten in dieser Hinsicht. Ein Teil der Probleme liegt vielleicht bei uns, aber die arabischen Staaten bleiben auf Distanz.

Wir haben kontinuierliche diplomatische Beziehungen zu Ägypten und den Vereinten Arabischen Emiraten. Der Demokratische Syrienrat (MSD) hat in Ägypten eine Vertretung, wir haben im Libanon, im Irak und in den Emiraten eine Repräsentanz. Wir arbeiten daran, die Beziehungen noch weiter auszubauen und die Probleme in Syrien zu lösen.

Die Selbstverwaltung hat weiterhin keinen anerkannten offiziellen Status. Ganze Landstriche sind besetzt. Die Delegationen schweigen dazu. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Wir haben keinen Staat gegründet. Wir sind eine Selbstverwaltung innerhalb eines Staates. Dieser Staat ist Teil der Vereinten Nationen. Syrien muss den Status der Selbstverwaltung anerkennen. Sie muss in der Verfassung verankert werden. Das ist aber nur mit der Lösung der Syrienkrise möglich. Wenn dies geschieht, kommt es auch zu einer internationalen Anerkennung. Die Regionalregierung von Südkurdistan hat ein Abkommen mit dem Irak erzielt, wurde in der Verfassung anerkannt und erhielt auf diese Weise einen internationalen Status. Im Moment sind wir nur de facto anerkannt. Als Büro für Außenbeziehungen haben wir mit allen europäischen Staaten, aber auch mit den Außenministerien von Staaten wie Russland, Kanada und den USA Kontakt. In Washington gibt es eine offizielle Vertretung des MSD.

Warum die Selbstverwaltung immer noch nicht an den Genfer Gesprächen und der Kommission zur Vorbereitung einer Verfassung teilnehmen konnte, liegt an einem anderen Problem: dem Veto der Türkei. Aufgrund der Interessen verschiedener Staaten und da die Türkei Mitglied in der NATO ist, aber auch aufgrund der Beziehungen zu Staaten in Europa und wegen Interessensüberschneidungen mit den USA wurde bisher dieses Veto allgemein akzeptiert. Ohne Aufhebung dieses Vetos kann die Krise aber nicht gelöst werden. Deswegen setzen wir unsere Arbeit zur Anerkennung unseres Status als Selbstverwaltung und MSD fort.

Türkei hat die Region als Ergebnis von Absprachen besetzt

International wurde nicht nur zu den Angriffen des türkischen Staates geschwiegen, dieser Angriff erfolgte als Ergebnis von Absprachen. So wurde Efrîn in Absprache zwischen dem türkischen Staat und Russland besetzt. Die USA schwiegen und gaben damit ihre Zustimmung. Die Besetzung von Serêkaniyê und Girê Spî erfolgte nach einem Telefongespräch zwischen Erdoğan und Donald Trump. Der US-Präsident veröffentlichte in der Folge einen Tweet, der die Erlaubnis für die Türkei bekräftigte, die Region anzugreifen und zu besetzen. Diese Allianzen wurden auf der Grundlage von Interessensüberschneidungen gebildet.

Die aktuellen Entwicklungen werden den Mittleren Osten, Syrien und insbesondere unsere Region das ganze Jahrhundert lang prägen. Deshalb setzen Kräfte wie Russland und die USA ihre Präsenz in der Region fort. Auch die europäischen Kräfte der internationalen Koalition, der Iran, die arabischen Staaten, Israel und der türkische Staat intervenieren hier. Jeder dieser Staaten will das Schicksal der Region im Sinne seiner eigenen Interessen bestimmen.

Russland hat nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion deutlich an Macht eingebüßt. Jetzt versucht es, durch Nutzung der Syrienkrise zu alter Macht zurückzufinden. Deshalb mischt sich die Führung in Moskau auch in Libyen und Armenien ein. Der Iran versucht als Regionalmacht seine Interessen zu wahren. Das tut er vor allem im Irak, in Syrien, dem Libanon und dem Jemen. Die arabischen Staaten agieren demgegenüber in Allianz mit Israel. Auf die gleiche Weise will Israel zur Supermacht aufsteigen. Israel schließt Allianzen in der Region, den eigenen Interessen entsprechend. Und aufgrund dieser Allianzen wird zu den Drohungen und Angriffen des türkischen Staates auf die Region geschwiegen.

Die Welt steht in der Schuld von Nord- und Ostsyrien

Aber die Völker haben sich aufgrund unserer gesellschaftsdiplomatischen Aktivitäten gegen die Angriffe des türkischen Staats erhoben. Gleichzeitig haben beide große Parteien im US-Kongress und die internationalen Medien gegen diese Angriffe protestiert. Die ganze Welt sieht sich in der Schuld der Bevölkerung von Nord- und Ostsyrien. Denn diese Region hat für die ganze Welt Widerstand gegen den IS geleistet.

Seit Beginn der Syrienkrise haben wir bis heute unseren Dritten Weg niemals aufgegeben. Zum Beispiel haben wir, trotz unserer Beziehungen zu den USA und der Koalition, auf Grundlage derselben Grundsätze diplomatische Beziehungen mit Russland und dem Regime geführt. Das tun wir auch weiterhin. So sehr die Gegenseite an ihre eigenen Interessen denkt, machen wir die Interessen unserer Region zur Grundlage unserer Diplomatie.

Auch unser Kampf gegen den IS dauert weiterhin an. Der IS ist zwar schwer getroffen, er stellt jedoch immer noch für die Region und die Welt eine große Gefahr dar. Deshalb ist die Verurteilung der IS-Mitglieder nicht nur unsere Verantwortung, sondern die der Menschheit. In diplomatischen Gesprächen haben Staaten wie die Niederlande und Schweden erklärt, sie würden die Errichtung eines internationalen Gerichtshofs in Nord- und Ostsyrien akzeptieren. Das ist auch notwendig für gerechte Verfahren. Kein Staat stellt sich gegen die Verurteilung der IS-Mitglieder. Aber werden diese Verfahren nach syrischen Gesetzen oder nach Gesetzen der Selbstverwaltung geführt werden? Unsere diplomatischen Aktivitäten diesbezüglich dauern an. Auch wenn bisher keine konkreten Schritte erfolgt sind, können wir doch sagen, dass wichtige Entwicklungen stattgefunden haben.

Gerade hat eine Delegation aus Belgien die Region besucht. Was hatte es damit auf sich?

An der Delegation aus Belgien nahmen unter anderem zwei Abgeordnete teil. Darunter befand sich auch ein Mitglied der Regierungspartei. Diese Abordnung besucht die Region nun zum zweiten Mal. Es sind unsere Freunde. Sie bemühen sich, die Selbstverwaltung zu unterstützen. Es handelt sich um eine Delegation von Persönlichkeiten, die in Beziehung zu anderen EU-Staaten stehen und auch in Belgien einen gewissen Einfluss haben. Wir haben über viele aktuelle Themen gesprochen. Die Gespräche waren positiv. Sie haben uns Unterstützung zugesagt.

Hewlêr erkennt die Selbstverwaltung nicht an

Wie steht es um Ihre Beziehungen zu Südkurdistan?

Wir pflegen diplomatische Beziehungen zur irakischen Zentralregierung. Wir haben eine Vertretung in Bagdad, über welche diese Kontakte laufen. Auch in Südkurdistan, in Silêmanî, haben wir eine Vertretung. Normalerweise müsste diese in der Hauptstadt, in Hewlêr sein. Da aber die südkurdische Regierung die Selbstverwaltung immer noch nicht anerkennt, haben wir eine Vertretung in Silêmanî eröffnet. Wir haben Beziehungen zu allen Parteien und Institutionen in Südkurdistan. Aber unsere Kontakte zur PDK sind begrenzt. Wir hoffen, dass die südkurdische Regierung ihre Haltung ändert und den Status der Selbstverwaltung offiziell anerkennt. Denn die Errungenschaften hier sind nicht nur für diese Region wichtig, sondern für alle Kurden und Kurdistan. Wenn wir stark sind, sind auch sie stark. Wir haben als kurdisches Volk die Möglichkeit, uns im 21. Jahrhundert bekannt zu machen. Diese Chance müssen wir nutzen und darauf den Erfolg aufbauen. Deswegen ist ein kurdischer Nationalkongress zwingend notwendig und wir arbeiten daran, diesen zu verwirklichen.

Wenn wir eine starke Einheit unter den Kurdinnen und Kurden erzielt hätten, wäre die Invasion in Efrîn, Girê Spî und Serêkaniyê vermutlich verhindert worden und Kerkûk wäre auch nicht an den Irak übergegangen.