Im Windschatten der Erdbebenkatastrophe eskaliert die Türkei ihren Terror gegen die Autonomieregion Nord- und Ostsyrien. Seit den verheerenden Erschütterungen im türkisch-syrischen Grenzgebiet vor rund drei Wochen mit mehr als 51.000 bestätigten Toten in beiden Ländern wurden die Gebiete unter Verwaltung der Autonomen Administration (AANES) mindestens zwei Dutzend Mal von der türkischen Armee und dschihadistischen Hilfstruppen vom Boden bombardiert, zusätzlich zu mehreren Luftschlägen. Das meldet die Pressestelle der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) in einem monatlichen Bericht über Rechtsverletzungen und Kriegsverbrechen der Türkei im Februar.
Besatzer pfeifen auf Menschenrechte und humanitäres Völkerrecht
Die QSD kritisieren, dass die Regierung in Ankara sich selbst Aufforderungen der Vereinten Nationen, für einen Waffenstillstand in Syrien zu sorgen, um die Hilfseinsätze für die Erdbebenopfer zu erleichtern, weiterhin verweigert. „Einmal mehr haben die türkische Besatzung und ihre Söldner demonstriert, dass sie auf Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht pfeifen. Sie haben sich entschieden, Mitgefühl durch Hass im Morast zu versenken. Für die Türkei und ihre Partner haben der Krieg weiterhin oberste Priorität“, so das multiethnische Bündnis.
Vier tote und vier verletzte Zivilisten durch türkische Bombardements
„Diese Angriffe forderten das Leben von vier unschuldigen Menschen aus der Zivilbevölkerung, darunter ein 70-jähriger Vertriebener. Zudem wurden vier Personen verletzt, unter ihnen befand sich eine Frau. Darüber hinaus verursachten die Bombardements schwere Schäden am Eigentum der Zivilbevölkerung und hinderten Menschen daran, ihre Felder zu ernten“, resümiert der Verband und macht den türkischen Geheimdienst MIT für zwei Bombenanschläge in Aleppo und Hesekê verantwortlich. Aus der Bilanz geht auch hervor, dass die Türkei in den vergangenen Wochen ihre militärische Luftaufklärung über Nord- und Ostsyrien verstärkt hat. Rund 350-mal seien Aufklärungsdrohnen des türkischen NATO-Partners im Vormonat am Himmel über den Autonomiegebieten gesichtet worden. Überdies hätten türkische Kampfflugzeuge und -hubschrauber mindestens 27-mal den syrischen Luftraum verletzt.
Fake News als Rechtfertigung für Krieg und extralegale Tötungen
Um ihre „verwerflichen Verbrechen“ zu verschleiern und die Tötung von Zivilist:innen zu rechtfertigen, greife die Türkei regelmäßig auf das Prinzip der Lüge zurück, betonen die QSD. So verbreiteten der türkischen Regierung und dem MIT nahestehende Medien zuletzt die Behauptung, den „Organisator“ des Anschlags von Istanbul im November mit sechs Todesopfern und über 80 Verletzten im Rahmen eines „Spezialeinsatzes“ des MIT getötet zu haben – gemeint ist ein Drohnenangriff auf ein Fahrzeug, der sich am 22. Februar in Qamişlo ereignete. Laut türkischer Berichterstattung sei der Getötete Khalil Mounji (türkische Schreibweise „Halil Menci“) ein Mitglied der QSD gewesen und habe unter dem „Schutz“ der Volksverteidigungseinheiten (YPG) gestanden. Die QSD weisen die Behauptungen zurück: „Die genannte Person hat in keiner Weise mit unseren Kräften in Verbindung gestanden. Khalil Mounji war Zivilist und bewegte sich jenseits militärischer und politischer Aktivitäten. Der Mord an ihm reiht sich ein in die lange Liste der Verbrechen, die der türkische Staat an unserem Volk verübt hat und die bis heute andauern.“
QSD: Angriffe finden in Ermangelung tragfähiger Rechtsmechanismen statt
Die QSD wollen sich indes nicht auf die Provokationen der Türkei einlassen und halten sich zurück. „Unsere Kräfte halten sich an ihre moralischen und humanitären Verpflichtungen. Angesichts einer Katastrophe wie das Erdbeben vom 6. Februar gilt für uns, dass die Bereitstellung lebenswichtiger Hilfe für die betroffenen Menschen Vorrang hat.“ Der türkische Staat sei allerdings in dem Glauben, dass die Beschäftigung der internationalen Gemeinschaft und humanitärer Organisationen mit der Erdbebenkatastrophe eine günstige Gelegenheit böte, sowohl die aggressiven und bösartigen Angriffe auf Nord- und Ostsyrien fortzusetzen als auch die Vorbereitungen für eine neuerliche Invasion in der Region, die schon bald beginnen könnte. „Solche Aktionen finden in Ermangelung tragfähiger internationaler Rechtsmechanismen statt, mit denen die Besatzung und ihre Söldnertruppen für ihre Grausamkeiten an unserer Bevölkerung, zu denen Zwangsvertreibungen, demografische Veränderungen und gezielte Tötungen gehören, zur Rechenschaft gezogen werden könnten.
IS reorganisiert sich
Vor diesem Hintergrund appellieren wir erneut an die internationale Staatengemeinschaft und Menschenrechtsorganisationen, ihre Aufgaben wahrzunehmen und wirksame Mechanismen einzuführen, mittels derer die anhaltenden Aggressionen der türkischen Besatzung unterbunden werden – gerade angesichts der humanitären Krise in der Region und zunehmenden Sicherheitsbedrohungen durch die Terrororganisation ‚Islamischer Staat‘. Diese versucht, die durch das Erdbeben unermesslich verschlechterte Situation auszunutzen, um sich neu zu organisieren und zu formieren, und Anschläge zu verüben.“