Gever: Polizei entführt Jugendliche, foltert sie und setzt sie aus

In der nordkurdischen Stadt Gever sind acht Jugendliche von der Polizei entführt, geschlagen und in der Nacht außerhalb der Stadt ausgesetzt worden.

Polizeiterror

Der türkische Staat greift immer mehr auf die Praktiken der 1990er Jahre zurück. Am Mittwochabend hatte die türkische Polizei sämtliche Seiten und Hauptstraßen in der nordkurdischen Widerstandshochburg Gever (tr. Yüksekova) abgesperrt. In den Straßen patrouillierten Polizeibeamte in Dreiergruppen im Abstand von zehn Metern und kontrollierten die Ausweise der Passant:innen.

Acht Jugendliche wurden dabei im Kışla-Viertel kontrolliert und in Gewahrsam genommen. Als die Familien und ihre Anwält:innen zur Polizei gingen und nach dem Verbleib ihrer Kinder fragten, wurde ihnen mitgeteilt: „Ihre Kinder sind nicht hier, niemand wurde festgenommen oder auf eines der Reviere gebracht.“ Diese Antwort weckte bei den Angehörigen sofort Erinnerung an die 1990er Jahre, als Tausende nach der Festnahme „verschwanden“ und bis heute nicht gefunden wurden. Wie sich nun herausstellte, war dies eine Einschüchterungsmaßnahme. Die Jugendlichen befanden sich sehr wohl im Polizeigewahrsam, waren aber verschleppt und misshandelt worden. Sie wurden Stunden später am Donnerstag um 3.30 Morgens von der Polizei an unterschiedlichen Orten außerhalb der Stadt abgesetzt. Die Körper der Jugendlichen weisen Verletzungen aufgrund der Schläge auf. Ein Jugendlicher wurde am Ohr verletzt. Die Kleidung mehrerer Jugendlicher war mit Blut verschmiert.

DEM-Partei bringt Fall ins Parlament ein

Die Abgeordneten der DEM-Partei, Kamuran Tanhan, Beritan Güneş und Nevroz Uysal, haben sich wegen dieses Falls an die parlamentarische Untersuchungskommission für Menschenrechte (IHIK) gewandt. Sie fordern die Ermittlung der an der Folter beteiligten Polizisten.

In dem Antrag wurde darauf hingewiesen, dass die Polizei die Festnahme verleugnet hatte, obwohl es Fotos in der Presse von der Festnahme gegeben habe. Die Klage geht auch darauf ein, dass die Jugendlichen während ihres Gewahrsams gefoltert wurden. Die Abgeordneten schreiben, das erinnere an die 1990er Jahre: „Dieser Fall erinnert uns an die Praktiken der Entführung, des ‚Verschwindenlassens‘. Er hat in allen Teilen der Gesellschaft tiefe Besorgnis ausgelöst, und die Tatsache, dass sich die offiziellen Behörden nicht zu diesem Thema geäußert haben, hat diese Besorgnis noch verstärkt.“

In dem Antrag wurde gefordert, dass die Polizeibeamten, die diese illegalen Festnahmen durchgeführt haben, identifiziert, vom Dienst suspendiert und ein Verfahren gegen sie eingeleitet werden soll.