Der Demokratische Syrienrat (MSD) setzt seine diplomatischen Bemühungen in Skandinavien fort. Nachdem die von Ilham Ehmed, Vorsitzende des MSD-Exekutivausschusses, geleitete Delegation bereits Gespräche mit der schwedischen Regierung führte, folgte am Samstag ein Empfang in Finnlands Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten. Begleitet wurde Ehmed bei dem Besuch von Cîhad Omer, der Ko-Vorsitzender des Komitees für Gemeinden und Kommunalverwaltungen ist. Begrüßt wurden sie von Außenminister Pekka Haavisto.
Bei der Zusammenkunft wurden verschiedene grundlegende Fragen erörtert. In erster Linie ging es nach Angaben von Ehmed um Ansätze für eine politische Lösung der Syrienkrise im Einklang mit internationalen Resolutionen und der Rolle Finnlands bei der Herstellung von Frieden in dem Land. Ausgiebig diskutiert worden sei auch der Beschluss des UN-Sicherheitsrats vom vergangenen Juli, humanitäre Hilfslieferungen nach Syrien nach wie vor nur über den Übergang Bab al-Hawa bei Idlib zu liefern. Ehmed äußerte, dass sich die Krise überall im Land aber insbesondere in den Autonomiegebieten dadurch verschärft habe. Die UN-Hilfe läuft über Damaskus und kommt, wenn überhaupt, nur verzögert im Nordosten an. „Wir haben uns daher für Initiativen zur Wiedereröffnung des Übergangs Al-Yarubiyah ausgesprochen. Finnlands Außenminister Pekka Haavisto stimmt dem Anliegen voll und ganz zu“, so Ehmed.
Treffen der MSD-Delegation mit Alina Kalko, zuständig für Entwicklungspolitik im finnischen Außenministerium
Von Juli 2014 bis Anfang 2020 ermöglichte eine Resolution des UN-Sicherheitsrats die Bereitstellung humanitärer Hilfe nach Syrien über vier Grenzübergänge, darunter in Al-Yarubiyah (ku. Til Koçer) gegenüber Rabia im Irak. Sie wurde jährlich überprüft und erneuert, um humanitäre Hilfe in Gebieten aufrechtzuerhalten, die nicht unter der Kontrolle des Regimes stehen. In den Jahren 2019 und 2020 legten Russland und China ihr Veto gegen die Verlängerung der Resolution ein, die die zuvor vereinbarten Grenzübergänge umfasste, und strichen drei von der Liste. Daher verbleibt derzeit nur der Grenzübergang Bab al-Hawa in der aktuellen Resolution als formaler humanitärer Grenzübergang nach Syrien, über den Hilfslieferungen aus der Türkei die Provinz Idlib erreichen.
Weitere Themen, die mit Haavisto besprochen wurden, waren die Rückführung in Nordostsyrien festgehaltener Staatsangehöriger Finnlands und Angriffe sowie Kriegsverbrechen des türkischen Staates und verbündeter Islamisten im Autonomiegebiet. Hier sei im Besonderen die Unterbrechung der Wasserversorgung angesprochen worden. Die Türkei setzt Wasser als Waffe ein und nimmt das Wasserwerk Allouk, das sich in der Besatzungszone Serêkaniyê befindet und mehr als eine Million Menschen im Großraum Hesekê versorgt, regelmäßig vom Netz. Hinzu kommt, dass der Durchfluss des Euphrat über das großangelegte Staudammsystem GAP massiv eingeschränkt wird. Finnland fordert konkrete Schritte von den Vereinten Nationen, um die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser dauerhaft zu gewährleisten.
„Bei der Besprechung des Modells der Autonomieverwaltung in Nord- und Ostsyrien brachte der Pekka Haavisto die Bewunderung seines Landes für die in diesem Teil Syriens erzielten Fortschritte zum Ausdruck, insbesondere was die Rolle der Frauen, ihre Stärkung und ihre gleichberechtigte Beteiligung in allen Bereichen und Ebenen betrifft“, sagte Ilham Ehmed. Das Bildungssystem in Nordostsyrien wurde ebenfalls beleuchtet. Mit der Revolution von Rojava befindet sich auch das Bildungssystem in einem Prozess schneller Veränderung hin zu mehr Vielfalt, Offenheit, Demokratie und Partizipation der Schülerinnen und Schüler beziehungsweise Studierenden und der Lehrkräfte. Zu den Anliegen des MSD gehört es, Methoden zur Entwicklung eines Bildungssystems zu finden, das international anerkannt wird.
Nach dem Treffen mit dem Außenminister Finnlands traf sich die Delegation mit Jussi Tanner, Sonderbeauftragter der Regierung in Helsinki. Der Diplomat war im vergangenen Dezember an einer gemeinsamen Rückholaktion mit Deutschland für mehrere IS-Anhängerinnen und ihre Kinder aus dem Auffang- und Vertriebenenlager Hol beteiligt. Auch traf sich die MSD-Delegation mit verschiedenen politischen Parteien, Abgeordneten und Vertreter:innen zivilrechtlicher Organisationen. Bei allen Gesprächen sei vereinbart worden, die Zusammenarbeit auf politischer, diplomatischer und gesellschaftlicher Ebene zu vertiefen.
Demokratischer Syrienrat
Der Demokratische Syrienrat (MSD) wurde 2015 gegründet und ist das politische Dach, das den politischen Rahmen für die Lösung des syrischen Konflikts durch innersyrische Gespräche und die Übernahme diplomatischer Arbeit bildet. Im MSD sind politische Parteien sowie Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, der Autonomieverwaltung und Schlüsselpersonen organisiert.