„ENKS ist Komplize bei den Angriffen auf Nordsyrien“

Während die selbstverwalteten Gebiete in Nord- und Ostsyrien akut von einer weiteren Invasion der Türkei bedroht sind, schweigt der ENKS zu den Attacken. Journalist*innen und Aktivist*innen sehen darin einen Beleg seiner „Komplizenschaft“.

Der sogenannte kurdische Nationalrat ENKS verfolgt eine ähnliche Politik wie seine mit dem türkischen Faschismus kollaborierende südkurdische Mutterpartei PDK. Während die PDK alles daran setzt, die türkische Invasion in Südkurdistan zu legitimieren und diese auch militärisch unterstützt, ist der ENKS seit Beginn der Revolution in Rojava berüchtigt für seine Kollaboration mit türkeitreuen Dschihadisten und türkischen Invasionstruppen. So hatte der ENKS auch die Efrîn-Invasion der Türkei unterstützt, in der Hoffnung, nach der Besetzung der Region Posten in der Verwaltung abzubekommen. Diese Hoffnung scheiterte jedoch an der tief verwurzelten Kurdenfeindschaft des AKP/MHP-Regimes und so sah sich der ENKS plötzlich selbst in den Reihen der Verfolgten. Es schlossen sich Annäherungen zwischen der demokratischen Selbstverwaltung und dem ENKS an, bei denen der PDK-Ableger aber schnell erneut auf seine alte Linie einschwenkte und beispielsweise die Aufhebung des Unterrichts in der Muttersprache und des Ko-Vorsitzes forderte. Während der ENKS in Rojava und Nordsyrien praktisch keine Rolle spielt, wird er aufgrund seiner guten Verbindungen zur Türkei unter anderem von der Bundesregierung als Ansprechpartner hofiert und mit Mitteln versorgt. Die Bundesregierung sieht im ENKS ebenfalls ein Mittel gegen die Revolution von Rojava. So flossen über den ENKS-Ableger in Berlin, das EZKS (Europäisches Zentrum für kurdische Studien), hohe Geldbeträge der Bundesregierung nach Syrien.

Während die Türkei seit Wochen versucht, mit ihren Söldnern der sogenannten Syrischen Nationalarmee (SNA) nach Ain Issa vorzudringen und die strategisch wichtige Schnellstraße M4 zu besetzen, hüllt sich der ENKS zu den Angriffen in Schweigen. Gleichzeitig agiert er weiter als Teil der von der Türkei kontrollierten „Opposition“ ETILAF. Die Zivilgesellschaft in Nord- und Ostsyrien kritisiert den ENKS scharf.

ENKS – „Spielzeug der PDK“

Gegenüber der Nachrichtenagentur ANHA erklärte der Journalist Ibrahim Ibrahim: „Wenn wir die Situation jenseits von jeder Parteilichkeit betrachten und rein logisch analysieren, dann können wir feststellen, dass in den vergangenen zehn Jahren in Syrien in der Menschheitsgeschichte vorher nicht dagewesene Situationen und Themen aufgebrochen sind. Der ENKS ist mit seiner weit entfernt von den Werten des kurdischen Volks stehenden Haltung vor allem auch zu einer moralischen Gefahr für die Gesellschaft geworden.“

Ibrahim bezeichnet den ENKS als „Spielzeug der PDK“ und kritisiert, dass er trotz der Treffen für den Aufbau einer Zusammenarbeit mit den anderen Parteien und Organisationen in Rojava in dem „Bündnis für eine geeinte Nation Kurdistan“ (PYNK) nicht gegen die türkische Besatzung und ihre Angriffe protestiert habe.

Kurdische Einheit wird bewusst verhindert“

Die in Norwegen lebende kurdische Aktivistin Evîn Hesen erklärt: „Der ENKS kann nicht unabhängig vorgehen. Er kann keinerlei Entscheidungen über Veränderungen treffen. Der ENKS spielt die Rolle, die Politik der Türkei gegenüber der Opposition zu erleichtern. Trotz der Entwicklungen in der Region arbeitet er bewusst daran, eine politische Einheit unter den Kurden zu verhindern. Er versucht auf diese Weise, seine eigenen Parteiinteressen zu wahren, und stellt diese über die Interessen des kurdischen Volkes.“