YPJ stehen vor dem Volk von Deir ez-Zor
Das Regime in Damaskus ließ seine Truppen und Söldner den selbstverwalteten Distrikt Hajin im ostsyrischen Kanton Deir ez-Zor angreifen. Dabei wurden Dutzende Zivilist:innen massakriert. Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) und die Frauenverteidigungseinheiten (YPJ) schlugen die Angriffe erfolgreich zurück. Im ANF-Gespräch berichtete die YPJ-Gebietskommandantin von Hajin, Axîn Qamişlo, über die Angriffe und die folgenden Entwicklungen.
Die Kommandantin beschrieb die Angriffe als einen Versuch, in der Region Feindschaft zwischen den Bevölkerungsgruppen zu erzeugen und das Vertrauen in die QSD zu brechen. Sie führte aus: „Seit 2014 kommt es immer wieder zu Angriffen auf Deir ez-Zor. Im Jahr 2014 fand ein großes Massaker an Angehörigen des Stammes der Schuaitat statt. 2019 beendeten die QSD in al-Bagouz die Territorialherrschaft des IS. Seitdem haben die Angriffe auf die Region Deir ez-Zor nicht aufgehört. Am 7. August begann um vier Uhr morgens ein Großangriff. Unmittelbar davor wurde der Beginn der Angriffe bekanntgegeben. Das zeigt, dass man sich ausgiebig vorbereitet hatte. Es ging um einen umfassenden Angriff, der sowohl von außerhalb [der selbstwalteten Gebiete] als auch von innerhalb erfolgen sollte. Während des Großangriffs von außen standen Schläferzellen im Inneren bereit. Diese Angriffe dauerten jedoch nicht lange an, da unsere Kräfte massiv antworteten. Daher mussten die Angriffe nach einigen Tagen eingestellt werden. Die regierungstreuen Kräfte hatten es auf zivile Gebiete abgesehen. Vor allem der Ort al-Dahla wurde vom Regime massiv attackiert. Auch Abu Hamam wurde intensiv mit schweren Waffen angegriffen. Es wurden zivile Siedlungen attackiert und Zivilistinnen und Zivilisten getötet oder verletzt und ihre Häuser wurden beschädigt. Doch trotz alledem wich die Bevölkerung nicht zurück. Es zögerte nicht ein einziges Mal bei seiner Unterstützung der QSD. Denn die Menschen hier haben die Wahrheit über den Feind verstanden. Sie haben erkannt, dass diese Kräfte nur für ihre eigenen Interessen arbeiten und nie an die Interessen des Volkes denken. Deshalb trauen sie der Propaganda und der Politik dieser Kräfte überhaupt nicht mehr.“
„Regionalstaaten, Damaskus und Ankara stehen hinter den Angriffen“
Axin Qamişlo erläuterte zu den Angriffen: „Die Angriffe wurden nicht nur von einigen Söldnergruppen verübt. Hinter den Kulissen dieser Angriffe stehen Regionalstaaten, der türkische Staat und insbesondere das Regime in Damaskus. Der türkische Staat verfolgte hier ein umfassendes Kalkül. Es ging darum, Verwirrung in der Region zu stiften und das Vertrauen der Bevölkerung in die QSD zu zerstören. Doch all diese Ansätze sind gescheitert. Die Menschen in Deir ez-Zor stehen weiterhin zu den QSD und unterstützen sie.
An einigen Orten griffen die Menschen sogar zu den Waffen und schlossen sich den Kämpferinnen und Kämpfern an. Zivilisten kamen und hielten in den Stellungen Wache. Es gab massive Angriffe auf die Bevölkerung und zivile Siedlungen. Auf diese Weise sollte ein Keil zwischen die Bevölkerung und die QSD getrieben und gleichzeitig die Bevölkerung vertrieben werden. Die Angreifer beschossen die Zivilbevölkerung aus Mörsern, Haubitzen und anderen schweren Waffen, aber die Menschen wichen keinen Schritt zurück. Seit einigen Tagen wird von den Angreifern behauptet, Abu Hamam sei leer. Aber wir sind jetzt gerade in Abu Hamam und die Menschen führen ihr normales Leben weiter. Zivilisten, deren Häuser angegriffen wurden, kommen und bitten die QSD um Hilfe. Die QSD helfen denjenigen, deren Häuser beschädigt wurden und entschärfen die Blindgänger, die teilweise noch in den Häusern stecken.
Es gibt eine Gruppe, die sich als Stammeskräfte darstellt. Aber weder die Menschen hier noch die Stämme akzeptieren diese Gruppe. Die Menschen akzeptieren sie nicht und wollen sie sogar vertreiben. Bei diesen Gruppen handelt es sich um Söldner, die von Difa al-Watani, dem Regime in Damaskus und anderen Kräften organisiert werden. Die Angriffe erfolgten vor allem auf Abu Hamam und Qiraniç. Das lag auch daran, weil die Söldner hier Schläferzellen hatten. Auf diese Weise sollten die Zellen mobilisiert werden. Aber das funktionierte nicht, da unsere Kräfte mehrere Operationen durchgeführt und viele Schläferzellen ausgehoben haben. Die Festgenommenen haben wichtige Aussagen gemacht. In ihren Geständnissen haben sie zugegeben, dass es Regionalstaaten, das Regime in Damaskus und der türkische Staat waren, die sie mit Instruktionen, Logistik und Munition versorgt worden hätten.“
„Die YPJ verliehen insbesondere den Frauen große Hoffnung“
Über die Wirkung der YPJ in Deir ez-Zor erklärte die Gebietskommandantin: „Diese Region hat eine feudale Sozialstruktur und der IS hat hier einige Jahre lang seine Ideologie verbreitet. Auf Frauen wurde massiver Druck ausgeübt. Den Frauen wurde ihr Wille genommen und sie wurden vollständig aus dem Leben gedrängt. Hinzu kommt, dass Deir ez-Zor über eine tief verwurzelte Stammesstruktur verfügt. Demnach standen Frauen hier schon lange an zweiter Stelle und wurden von den Männern herabgesetzt. Seit der Befreiung der Region vom IS haben die Frauen jedoch bedeutende Fortschritte gemacht. Sie haben ihre eigenen Organisationen und autonomen Institutionen. Es gibt die Frauenunion Zenobiya. Die Frauen organisieren sich und sind in allen Bereichen des Lebens präsent. Die Präsenz der YPJ in der Region gibt den Frauen hier ein besonderes Vertrauen.
Wenn wir als YPJ Familien besuchen, werden wir mit großer Liebe und Begeisterung empfangen. Die Frauen teilen ihre Begeisterung mit uns und sagen immer wieder: ‚Die YPJ sind der Schlüssel, der uns den Weg öffnet.‘ Frauen kommen und schließen sich den YPJ an. Sogar nach dem letzten Angriff traten einige Frauen den YPJ bei und sagten, dass sie sich an der YPJ beteiligen und hier den Kampf der Frauen führen wollen. Die starke Haltung der YPJ gibt ihnen Hoffnung. Seit ich in diese Gegend gekommen bin, erlebe ich immer wieder, dass Mütter und Frauen kommen und darüber klagen, was ihre Ehemänner und die Männer in ihren Familien ihnen antun. Sie bitten uns um Hilfe. Manche Dinge akzeptieren sie auch nicht mehr. Wenn Männer Gewalt oder Druck gegen sie ausüben, reagieren sie direkt. Sie kommen zu den YPJ und erzählen davon. Es gibt Frauen, die sagen, dass die YPJ sie vor Männern schützt und dass sie keine Angst mehr vor Männern hätten. Die Frauen wollen nicht nur für sich selbst, sondern auch in ihrer Gesellschaft Veränderungen bewirken. Aus diesem Grund sagen sie, dass sie dies durch die YPJ und ihre Kraft erreichen können. Sie sagen, dass die YPJ für sie eine Hoffnung sind, und dank dieser Hoffnung fühlen sie sich im Leben viel sicherer.“
„Unser Kampf geht weiter, bis zur Befreiung aller Frauen“
Abschließend möchte ich Folgendes erklären: Als YPJ und QSD werden wir bis zum Ende vor dem Volk von Deir ez-Zor stehen. Wir werden sie weiterhin gegen alle Arten von Angriffen schützen. Insbesondere für die Frauen von Deir ez-Zor werden wir als YPJ alles tun, was wir können. Wir sind bereit, alle Arten von Auseinandersetzungen und Opfern auf uns zu nehmen, um die Schwierigkeiten zu überwinden, denen sie gegenüberstehen. Als YPJ haben wir gegen den IS und seine Ideologie gekämpft, und wir werden auch weiterhin gegen diese Mentalität kämpfen. Unser Kampf wird weitergehen, bis wir alle Frauen von dieser Mentalität und Tyrannei befreit haben.“