Dänemark holt IS-Anhängerin und ihr Kind zurück

Dänemark hat eine IS-Anhängerin und ihr Kind aus dem Nordosten von Syrien zurückgeholt. Dazu war die Regierung in Kopenhagen durch das höchste Gericht des Landes verpflichtet worden.

Rückführung von Gericht angeordnet

Die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien hat eine Anhängerin der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) sowie ihr Kind an Dänemark übergeben. Die Rückführung der Frau und ihres achtjährigen Sohnes, die zuletzt im Auffanglager Roj interniert waren, fand bereits gestern über eine diplomatische Delegation unter Leitung des dänischen Syrien-Gesandten Nikolaj Harris statt, teilte das Außenressort der Selbstverwaltung am Freitag in Qamişlo mit. Die Frau wurde unmittelbar nach ihrer Ankunft in ihrem Herkunftsland wegen Terrorismusverdachts festgenommen, erklärte das dänische Außenministerium. Ihr Sohn befinde sich in der Obhut der Sozialbehörden. Der Vater des Kindes, ein Dschihadist des selbsternannten IS, sei schon länger tot.

Es handelt sich um die fünfte Rückführungsmission von IS-Angehörigen, die Dänemarks Regierung bislang durchgeführt hat – allerdings nicht ganz freiwillig. Im August wies der Højesteret als höchstes dänisches Gericht Kopenhagen nach einer entsprechenden Klage der IS-Anhängerin an, die Frau zu repatriieren. Das, obwohl ihr in der Zwischenzeit die dänische Staatsbürgerschaft aberkannt wurde. Die 1998 in Dänemark geborene Frau zog im Alter von vier Jahren mit ihren aus Somalia geflüchteten Eltern nach Großbritannien. 2014 reiste sie als 16-Jährige nach Syrien, wo sie sich dem IS anschloss und einen Söldner der Dschihadistenmiliz heiratete. Laut dem dänischen Geheimdienst PET erhielt sie in Syrien eine Kampfausbildung. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse wurde ihr 2020 die dänische Staatsbürgerschaft aberkannt.

Der Ko-Vorsitzende des Außenressorts der Selbstverwaltung, Rubel Baho (r.), und Nikolaj Harris nach der Unterzeichnung des Übergabeprotokolls | Foto: DAANES

Erstmals hatte die Regierung in Kopenhagen im Jahr 2019 zwei Rückführungsmissionen aus Syrien umgesetzt, bei denen allerdings jeweils nur ein Kind zurück ins Land geholt worden war. 2021 nahm Dänemark dann drei Frauen und 14 Kinder wieder auf, im Sommer vergangenen Jahres folgten weitere Repatriierungen. Nach Auskunft der nordostsyrischen Selbstverwaltung sowie der dänischen Regierung wurden bislang insgesamt 18 Kinder und vier Frauen mit dänischer Staatsbürgerschaft aus den Lagern im Autonomiegebiet zurückgeholt. Aktuell befinden sich damit nur noch eine Dänin und ihre beiden Kinder in Nordostsyrien.

Mindestens 160 Ausreisen aus Dänemark zum IS

Der sogenannte IS hatte 2014 weite Teile Syriens und des Irak unter seine Kontrolle gebracht und dort ein „Kalifat“ ausgerufen. Die Dschihadisten errichteten eine Schreckensherrschaft mit Enthauptungen, Steinigungen und der sexuellen Versklavung von Frauen. Über Millionen Menschen in beiden Ländern wurde Verwüstung und Elend gebracht, unzählige wurden ermordet. Zehntausende von Freiwilligen strömten aus der ganzen Welt ins IS-Gebiet, um sich am Aufbau der Dschihadisten-Utopie zu beteiligen. Seit dem Frühjahr 2019 ist der Spuk vorbei. Nach einer über Jahre andauernden internationalen Militärintervention, deren zentrale Kraft in Syrien die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) waren, wurde die Territorialherrschaft der Dschihadisten vor viereinhalb Jahren zerschlagen. Doch zehntausende Angehörige der Miliz befinden sich weiterhin in nordostsyrischer oder irakischer Haft, da die meisten Herkunftsländer eine Rücknahme verweigern. Aus Dänemark sind nach Kenntnis des dänischen Geheimdienstes PET mindestens 160 Personen in Richtung Kriegsgebiet Syrien/Irak ausgereist, um sich dort in den Reihen des sogenannten IS am „Dschihad“ zu beteiligen. Etwa ein Drittel von ihnen wurde im Kampf getötet, zehn Söldner befinden sich entweder in Nordostsyrien oder im Irak in Haft. Der große Rest ist nach Dänemark zurückgekehrt oder hat sich anderswo niedergelassen.