Belgien will Kinder aus Nordostsyrien zurückholen

Belgien will Kinder von IS-Angehörigen aus den nordostsyrischen Lagern Hol und Roj zurückholen. Auch Frauen sollen in ihre Heimat überführt werden, dies soll jedoch von Einzelfallentscheidungen abhängen.

Belgien wird Kinder von IS-Angehörigen aus den Lagern Hol und Roj zurückholen. Das sagte der belgische Premierminister Alexander De Croo diese Woche bei einer Fragestunde im Parlament. Auch Frauen sollen nach Belgien zurückgeführt werden, dies solle aber von einer Einzelfallentscheidung abhängen. In Camp Hol bei Hesekê und im kleineren Lager Roj nahe Dêrik befinden sich derzeit dreizehn Frauen mit belgischer Staatsbürgerschaft. Neun von ihnen sind in Belgien bereits verurteilt worden, gegen die restlichen vier liegt ein internationaler Haftbefehl vor. Bei ihrer Einreise in Belgien würden sie sofort verhaftet.

Ein Brüsseler Gericht hatte die belgische Regierung bereits im Dezember 2019 dazu verpflichtet, zehn im Camp Hol internierte Kinder von Angehörigen der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) zurückzuholen. Bisher hatte sich die Regierung mit Verweis auf Sicherheitsbedenken geweigert, das Urteil umzusetzen.  

Gefahr, dass die Kinder vom IS radikalisiert werden könnten

„Die Realität ist aber, dass sich die Situation in den Lagern ernsthaft verschlechtert hat“, sagte De Croo. Mit Blick auf die Gefahr, dass die Kinder vom IS radikalisiert werden könnten, müsse Belgien alles tun, um sie aus den Camps zu holen. Der Nationale Sicherheitsrat habe daher den Prozess der Rückführung der Kinder am Mittwoch bestätigt, führte De Croo weiter aus. Allerdings sei die Altersgrenze auf zwölf Jahre festgelegt worden.

Die Zahl der Minderjährigen mit belgischer Staatsbürgerschaft in den Lagern Hol und Roj gab Justizminister Vincent Van Quickenborne mit 27 an. Elf belgische IS-Dschihadisten befinden sich in Nordostsyrien im Gefängnis, sie will Brüssel nicht zurück im Land haben. Stattdessen sollen sie im Autonomiegebiet von Nord- und Ostsyrien verurteilt werden – „dort, wo sie ihre Verbrechen begangen haben“. Zwei weitere Belgier sind im Irak aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei der Terrormiliz inhaftiert. Ihnen droht die Todesstrafe.

Über 61.000 Menschen aus 50 Ländern

Im Camp Hol in Nordsyrien sind über 61.000 Menschen aus fünfzig verschiedenen Ländern untergebracht, nur 21.000 davon stammen aus Syrien. Etwa 30.000 Personen sind aus dem Irak, 8.700 aus Drittländern. In Hol und dem Camp Roj leben 27.500 Minderjährige aus dem Irak und Drittländern, neunzig Prozent sind unter zwölf Jahre alt. Im vergangenen Jahr sind 200 Kinder in ihre Herkunftsländer zurückgeführt worden, in 2019 waren es 685.

Bei einem großen Teil der Bewohnerinnen und Bewohner von Hol handelt es sich um IS-Anhänger oder ehemalige Mitglieder, die im Zuge der Einnahme der letzten IS-Bastion Baghuz Anfang 2019 von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) aufgegriffen wurden. Nur wenige Internierte sind seitdem von ihren Heimatländern zurückgeführt worden. Die nordostsyrische Autonomieverwaltung ist angesichts der Massen, türkischen Angriffsdrohungen und Aktivitäten von IS-Schläfermilizen überfordert.