Vorgestern hat das Dialogforum Syrien, ein vom Demokratischen Syrienrat (MSD) ausgerichtetes Zusammentreffen syrischer Oppositioneller, in Ayn Isa begonnen. Zeitgleich zu dem Forum der Opposition in Syrien haben Gespräche zwischen Russland, dem Iran, der Türkei und einer syrischen Abordnung in Astana stattgefunden, um das weitere Vorgehen in Syrien zu beraten. Die Delegierten in Ayn Isa äußerten zu den Astana-Gesprächen: „Wir diskutieren hier die Zukunft Syriens, in Astana reden die Staaten über ihre eigenen Vorteile.“ Die Delegierten betonten, dass über die Zukunft Syriens nicht im Ausland, sondern in Syrien diskutiert werden müsse.
Gegenüber ANF haben sich Fatah Camus von der Bewegung für einen demokratischen Wandel (Heyet al-Tensiq) und Dr. Abdulkerim Omar, der Verantwortliche für Außenbeziehungen der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien, zu den Treffen in Astana und Ayn Isa geäußert.
Fatah Camus stammt aus Homs. Bei den elften Astana-Gesprächen sei deutlich geworden, dass die Meinungsverschiedenheiten noch größer geworden sind: „Aus meiner Perspektive handelt es sich in Astana um ein Treffen, auf dem Russland, die Türkei und der Iran ihre unterschiedlichen Perspektiven diskutieren. Konkret heißt das, die Türkei plant immer noch eine Offensive über die faschistischen Banden, die sie Idlib hat besetzen lassen. Sie benutzen diese Banden weiterhin als ein Werkzeug, um syrisches Land zu besetzen.“
Türkei will Besatzung Syriens ausdehnen
Camus warnte, der türkische Staat wolle die Besetzung Syriens mit Hilfe seiner Milizen weiter ausdehnen: „Der türkische Staat will nicht nur Idlib, sondern auch die Regionen östlich des Euphrat besetzen. Mit Hilfe der Dschihadisten will die Türkei in den Osten des Euphrat vorstoßen und ihn besetzen. Zwischen den USA und der Türkei bestehen Widersprüche, aber diese werden zu keinen militärischen Auseinandersetzungen führen. Unsere kurdischen Geschwister sollten in dieser Hinsicht aufmerksam bleiben.“
Demokratische Opposition muss Regime zum Wandel zwingen
Zur Zukunft Syriens erklärte Camus, die Opposition in Syrien müsse zusammengebracht werden, um das Regime zu einem demokratischen Wandel zu zwingen: „Dieses Arbeitstreffen ist von einer großen Ernsthaftigkeit geprägt. Die Gespräche im Ausland sind reine Zeitverschwendung. Alle versuchen, ihren eigenen Profit aus der Syrienkrise zu ziehen. Meiner Meinung muss das Forum hier in Ayn Isa weiterentwickelt werden. Es ist wichtig, dass solche Treffen auch an anderen Orten stattfinden. Wir müssen deutlich machen, dass das Regime das Land nicht wie vor der Revolution regieren kann.“
In Astana diskutieren die Staaten mit Blut an den Händen
Dr. Abdulkarim Omar von der Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens erklärte gegenüber ANF: „Wir sprechen hier über die Zukunft Syriens. Wir diskutieren, wie wir Syrien aus der Krise retten können, aber in Astana diskutieren die Staaten, die das Blut der Syrienkrise an den Händen haben, über ihre Vorteile. Sie alle und insbesondere der türkische Staat haben eigene Interessen in Syrien. Aber diejenigen, die hier zusammengetroffen sind, kommen aus Syrien und sprechen über Syrien. Es ist klar, dass wir nicht behaupten, dass die Syrienkrise nur dadurch gelöst wird, dass die Menschen in Syrien miteinander reden. Aber diese Staaten und insbesondere der türkische Staat wollen keine Lösung, sondern die Krise vertiefen. Am Ende werden alle an einem runden Tisch zusammenkommen und reden. Das wollen wir. Diese Arbeitstreffen sind Vorbereitungen, erste Schritte.“
Gespräche in Genf und Astana waren Ausverkauf der syrischen Opposition
Omar erklärt, dass die sogenannte Opposition bei den früheren Genfer Gesprächen vom türkischen Staat verkauft worden sind. Omar fährt fort: „Bis jetzt hat es neun Gespräche in Genf und zehn Gespräche in Astana gegeben. Dabei ist aber nichts herausgekommen. Auf diese Weise ist es schwer, eine Lösung zu finden. Auf den Treffen in Astana wurden Aleppo, Ost-Ghouta und Dara verkauft und auch Efrîn ist besetzt worden. Wir sehen die Folgen dessen. Die Gruppen, die ihren Willen an den türkischen Staat abgegeben haben, haben daraus keine Lehren gezogen.“
Demokratie, Frieden und Dezentralismus sind Voraussetzung für Sieg über IS
Omar schließt mit den Worten: „Wenn wir kein demokratisches, dezentrales und friedliches Syrien aufbauen, können wir dem Terror keinen Einhalt gebieten. Ja, wir haben den IS militärisch zurückgedrängt, aber er lebt immer noch als Geisteshaltung und diese Mentalität stellt die Grundlage dafür dar, dass er wiederauferstehen kann. Diese Grundlage kann nur durch Demokratie, Frieden und eine dezentrale Verwaltung aufgehoben werden.“