Dialogforum Syrien: Opposition berät in Ayn Isa

Gestern hat das Dialogforum Syrien, ein vom Demokratischen Syrienrat ausgerichtetes Zusammentreffen syrischer Oppositioneller, in Ayn Isa begonnen. Es wird über die Zukunft Syriens beraten.

Seit gestern beraten Oppositionelle im nordsyrischen Ayn Isa über die Zukunft Syriens. An der vom Demokratischen Syrienrat (MSD) ausgerichteten Konferenz nehmen 100 Delegierte teil. Sie sind aus Nord- und Ostsyrien, aus Tartus, Latakia, Homs, Hama, Şehba und Damaskus sowie aus Brüssel, Deutschland, der Schweiz, der Türkei, dem Libanon und Ägypten angereist.

„Das Regime gibt dem Volk gar nichts“

In den Reden wurde betont, dass die Bevölkerung Syriens vor allem Freiheit brauche und dass weder das Regime der Bevölkerung etwas gegeben habe noch die Politik der äußeren Mächte im Interesse der Völker Syriens agiere. Es wurde kritisiert, dass diese Mächte keine Position gegen die grausamen Angriffe in Syrien an den Tag gelegt hätten.

„Die türkische Besatzung vertieft die Krise“

Die erste Sitzung drehte sich um die humanitäre Lage im Rahmen der Syrienkrise. In vielen Redebeiträgen wurde beschrieben, dass Binnenflüchtlinge aus den Flüchtlingslagern in Nord- und Ostsyrien nicht in ihre Heimatorte zurückkehren wollten, da sie dem Regime nicht vertrauten. Insbesondere die Gewalt in Efrîn durch dschihadistische Milizen und das türkische Besatzungsregime wurde als Grund für eine weitere Vertiefung der Syrienkrise analysiert. Vor allem Frauen, die schon schwer unter den Verbrechen des IS gelitten haben, sind von schweren Übergriffen der Milizen betroffen.

Demokratisch-autonome Selbstverwaltung

In der zweiten Sitzung stellte Ilham Ahmed als Ko-Vorsitzende des Demokratischen Syrienrats (MSD) das Modell der Demokratisch-Autonomen Selbstverwaltung vor. Ilham Ahmed legte dar, wie das dezentrale Modell der Selbstverwaltung die Probleme zwischen dem staatlichen System und der Gesellschaft lösen könne: „Dieses System zielt auf eine Form der Verwaltung ab, durch welche die Probleme gelöst und jeder zufrieden gestellt werden kann. Das System soll ebenfalls für Sicherheit sorgen. Das dezentrale System ist das einzig mögliche Modell, um für Freiheit zu sorgen und die Rechte der Gesellschaft zu garantieren.“

Ahmed beschrieb Demokratie als einen Naturzustand der Gesellschaft, der jedoch durch die herrschenden zentralistischen Systeme vernichtet worden sei. Die Revolutionen in Europa hätten immer mit einer nationalstaatlichen Ausrichtung stattgefunden und in den künstlich gezogenen Grenzen seien monistische Systeme errichtet worden. Im aktuellen System geht der gesamte Gewinn der Gesellschaft an das Monopol einer Partei oder einer Regierung. Zwischen dem zentralstaatlichen Denken und Herrschaft gebe es eine sehr enge Verbindung, erklärte Ahmed und fuhr fort: „Überall wo der Staat ist, existiert Herrschaft. Die Existenz von Herrschaft bedeutet, dass alle Rechte, also vom Militär zur Ökonomie, von der Politik bis zur Bildung allesamt in einer Hand konzentriert werden. Auf diese Weise wird es der Bevölkerung die Luft zum Atmen genommen.“ Alle Völker und Weltanschauungen in Nord- und Ostsyrien hätten eine Einheit gebildet, um die Demokratie in ganz Syrien zu verbreiten, sagte Ehmed: „Das Leben hier spiegelt die demokratische Kultur in Syrien wieder. Die demokratische Nation ist eine der Grundlagen, auf denen die autonome Selbstverwaltung aufgebaut ist. Wir weisen das nationalstaatliche System zurück, weil es nicht der Realität der Völker Syriens entspricht. Das Modell der demokratischen Selbstverwaltung kann nicht nur auf der Grundlage eines Volks oder einer Weltanschauung aufgebaut werden. Eine demokratische Nation entsteht aus der Vereinigung der kulturellen und nationalen Identitäten. Das ist die Grundlage der autonomen Selbstverwaltung. In der Kultur der demokratischen Autonomie kann keine Identität oder Weltanschauung verleugnet werden.“

Ökonomie und Projekte für die Zukunft Syriens

Auf der dritten Sitzung zum Thema Wirtschaft sprachen Ziyad Wetfe von der Bewegung für einen Demokratischen Wandel (Heyet Al-Tensiq) und der promovierte Ökonom Ehmed Yûsif.

Ziyad Wetfe ging zunächst auf die Geschichte Syriens und die Ziehung der Grenzen ein, die den Interessen der imperialistischen Staaten entsprächen. Dabei wies er auf vielen verschiedenen Identitäten, die in Syrien existieren. Zur Ökonomie erklärte er, eine Neudefinierung der Arbeitsbereiche und insbesondere der Landwirtschaft seien dringend notwendig. Um umfassende ökonomische Projekte zu realisieren, müssten zunächst die notwendigen Sicherheitsbedingungen in Nord- und Ostsyrien geschaffen werden.

Dr. Ehmed Yûsif betonte, dass die Zentralregierungen wenig Kenntnis über die regionalen Besonderheiten hätten und daher die ökonomische Verwaltung nicht völlig unzureichend gewesen sei. Er beschrieb die ökonomischen Projekte in Nord- und Ostsyrien als weltweit einmalig, es gebe aber aufgrund der Neuheit der Projekte auch gewisse Hindernisse. Das ökonomische System der Region müsse der gesamten Bevölkerung zu Gute kommen.

Das Forum wird heute fortgesetzt.