An diesem Samstag jährt sich zum dritten Mal der Todestag von Mehmet Aksoy. Zum Andenken an ihn haben seine Familie und Freund*innen an seinem Grab auf dem Londoner Highgate-Friedhof Blumen niedergelegt. Mehmet Aksoy war Filmemacher, Journalist und Aktivist und ging aus England nach Rojava. Mit dem Kampfnamen Fîraz Dağ beteiligte er sich dort an der Medienarbeit der Volksverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel, YPG). Am 26. September 2017 kam er im Alter von 32 Jahren bei einem IS-Überfall in der nordsyrischen Stadt Raqqa ums Leben. Er dokumentierte die Befreiungsoffensive der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) gegen den sogenannten „Islamischen Staat“. Seinen Entschluss, nach Rojava zu gehen, hatte er im April gefasst, nachdem 20 YPG- und YPJ-Kämpfer*innen und drei Mitarbeiter*innen des Pressezentrums bei einem türkischen Luftangriff auf den Berg Qereçox in der Nähe von Dêrik ums Leben kamen. Mehmet Aksoy wollte die Arbeit der gefallenen Journalist*innen aufnehmen.
Zu der Gedenkveranstaltung waren viele Menschen gekommen, die Mehmet Aksoy persönlich kannten. Rednerinnen und Redner berichteten von ihren persönlichen Erlebnissen mit ihm, darunter auch der Ko-Vorsitzende des Kurdischen Volksrates Großbritannien, Ercan Akbal, der von der motivierenden Aura und dem Charakter des Journalisten sprach: „Mehmet hat uns ein großes Erbe und vor allem Hoffnung hinterlassen. Gegenüber dem Krieg in Kurdistan war er nie gleichgültig. So sehr, dass er seine Arbeit hier als unzureichend ansah. Er ging auf eine Suche und Kurdistan gab seine Richtung vor.“
Wer war Mehmet Aksoy?
Mehmet Aksoys Familie stammt aus Albistan in Nordkurdistan. Er wurde in Meletî (Malatya) als ältestes Kind von Zeynep und Kalender Aksoy geboren. Als er vier Jahre alt war, zog seine Familie nach London. Dort besuchte er das Leyton und das Barnet College und begann sich als Teenager im Kurdischen Gemeindezentrum im Zentrum Londons zu engagieren. Er lernte dadurch den kurdischen Freiheitskampf immer besser und genauer kennen. Bedeutend für seine politische Entwicklung waren insbesondere die Auseinandersetzung mit den Schriften des Aktivisten der „Black Panther Party” George Jackson und die Ideen Abdullah Öcalans zum demokratischen Konföderalismus.
Nach seinem erstklassigen Abschluss in Filmwissenschaften an der Queen Mary University of London im Jahr 2007 war er Mitgründer und Chefredakteur der englischsprachigen Internetplattform Kurdish Question und Teil weiterer journalistischer Projekte. Insbesondere nach dem IS-Überfall auf Şengal im August 2014 war er mit einem hohen Tempo aktiv, um die kurdische Bevölkerung und die europäische Öffentlichkeit zu informieren und zu organisieren.
Parallel zu seinen journalistischen Bemühungen blieb Mehmet Aksoy am Film interessiert und absolvierte 2014 einen MA in Filmproduktion an der Goldsmiths University of London. Sein Film Panfilo (2014), ein apokalyptisches Märchen über drei Generationen von Männern, die sich mit Verlust und Tod im ländlichen Italien abfinden, gewann Preise beim italienischen Kurzfilmfestival und bei den UK Student Film Awards. Auch als Programmdirektor des jährlichen Londoner Kurdischen Filmfestivals war er aktiv und nahm zudem an vielen Protestaktionen zur Verteidigung von Rojava mit Megaphon und Transparent teil.
Fîraz-Dağ-Schule eröffnet
Unterdessen ist im Londoner Gemeindezentrum der kurdischen Community ein Förderkurs im Gedenken an Mehmet Aksoy eröffnet worden. Der Kurs mit dem Namen Fîraz-Dağ-Schule beinhaltet Unterricht in Englisch und englischer Sprechkunde für Kinder und Erwachsene, außerdem wurde ein Kinderchor ins Leben gerufen.