Der Journalist Zeynel Abidin Bulut ist in der nordkurdischen Metropole Amed (türk. Diyarbakir) bei einem Totengedenken für den Guerillakämpfer Mazlum Erenci (Nom de Guerre: Yılmaz Piling) festgenommen worden. Die Festnahme erfolgte nach einem Übergriff der Polizei auf eine Gruppe von Journalisten, die eine Schweigeminute für Erenci abhielt. Auch ein Totengebet für den Gefallenen wurde verboten. Außerdem beschlagnahmten die Sicherheitskräfte ein Foto von Erenci, das seine Mutter Remziye am Grab aufgestellt hatte. Als Grund vor das Vorgehen nannte die Polizei „Terrorpropaganda“. Remziye Erenci sagte: „Sie wissen nicht, was es bedeutet, sein Kind verloren zu haben. Nehmt das Foto, ich habe nichts mehr zu sagen.“
Mazlum Erencis Name steht synonym für kurdische Kinder und Minderjährige, die Opfer der türkischen Antiterrorgesetzgebung wurden. Als 15-Jähriger wurde er im Juli 2008 verhaftet, weil er auf einer Demonstration gegen die staatlich verordnete Haarrasur Abdullah Öcalans Polizisten mit Steinen beworfen haben soll. Er landete in Untersuchungshaft und wurde wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“, „Terrorpropaganda“ und „Verstoß gegen das Versammlungsgesetz“ zu knapp siebeneinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Aufgrund einer Gesetzesänderung konnte er das Gefängnis im April 2009 verlassen.
Nach seiner Entlassung wandte sich Mazlum Erenci an den Menschenrechtsverein IHD und schilderte die Folter, die er im Gefängnis erleiden musste. Er fing an, als Korrespondent bei der inzwischen per Notstandsdekret verbotenen kurdischsprachigen Zeitung Azadiya Welat („Freie Heimat“) zu arbeiten. Dort lernte er auch Zeynel Abidin Bulut kennen, der ebenfalls für Azadiya Welat arbeitete. Die staatliche Repression gegen Erenci nahm jedoch kein Ende. 2010 fasste er den Entschluss, zur Guerilla zu gehen. Am 29. Juni 2011 starb er mit 19 Jahren bei Auseinandersetzungen im Rahmen einer türkischen Militäroperation in Melkişî (Çemişgezek) in der nordkurdischen Provinz Dersim.