Erinnerungen an die Journalistin Deniz Firat

Deniz Firat war eine der ersten Journalistinnen, die über die Angriffe des IS in Kurdistan berichteten. Am 8. August 2014 berichtete sie das letzte Mal telefonisch von der Front im Flüchtlingscamp Mexmûr und wurde von einem Granatsplitter getroffen.

Deniz Firat war eine der ersten Journalistinnen, die 2014 über die Angriffe der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Kurdistan berichteten. Sie stammte aus der Provinz Wan und lebte mit ihrer Familie im Flüchtlingscamp Mexmûr in Südkurdistan. Im August 2014 griff der IS neben dem ezidischen Siedlungsgebiet Şengal und weiteren Orten auch Mexmûr an. Das Camp musste evakuiert werden. Deniz Firat dokumentierte mit ihrer Kamera die Geschehnisse vor Ort und kam dabei am 8. August ums Leben.

Der Journalistinnenverband RAJIN (Ragihandina Azad a Jinan) erklärt anlässlich des siebten Todestages von Deniz Firat, dass das kurdische Volk und kurdische Frauen auch heute noch Vernichtungsangriffen ausgesetzt sind: „Und dagegen findet ein historischer Widerstand statt. Als Nachfolgerinnen von Deniz sind wir dafür verantwortlich, diesem von Frauen angeführten Kampf eine Stimme zu verleihen. Mit dieser Überzeugung erinnern wir mit Liebe und Respekt an Deniz Firat und alle Gefallenen der freien Medien.“

 

Deniz Firat ist 1984 in Wan-Ebex (tr. Van-Çaldıran) geboren. Ihre Familie wurde vom türkischen Staat systematisch politisch verfolgt. Anstatt Zuflucht in Europa zu suchen oder in die Westtürkei zu ziehen, entschied sich die Familie für Kurdistan und ging über die türkisch-iranische Grenze in den Osten des Landes. Deniz Firats Schwester Binevş schloss sich dort der Guerilla an. Auch das iranische Regime ließ die Familie in Ruhe, die Eltern wurden verhaftet. Deniz und ihre Schwester Sarya blieben allein zurück und wussten zwei Monate lang nicht, was mit ihren Eltern geschehen war. Nach ihrer Haftentlassung ging die Familie über die iranisch-irakische Grenze ins Camp Zelê in Südkurdistan. Das Camp wurde von der türkischen Luftwaffe bombardiert und Delil, der kleine Bruder von Deniz, verstarb an einer Krankheit, weil es keine Möglichkeiten für eine ärztliche Behandlung gab.

Danach schlossen sich auch Deniz und Sarya der Guerilla an. Deniz war noch sehr jung und lernte Lesen und Schreiben erst in den Bergen. Nach den Erfahrungen ihrer Kindheit und Jugend bedeutete die Guerilla eine ganz neue Lebensform für sie. Ihre Verbundenheit drückte sie mit den Worten aus: „Ohne die Berge kann ich nicht leben, ohne meine Freund:innen kann ich nicht atmen, ohne Arbeit hat nichts eine Bedeutung und ohne den Kampf kann ich nicht existieren.“ Sie verbrachte viele Jahre bei der Guerilla in Qendîl, Rojhilat, Behdînan und Botan.

In der Medienarbeit legte sie großen Wert auf ihre kurdische Muttersprache. Ihr letzter Einsatzort war Mexmûr. Als der IS das Camp am 6. August angriff, blieb Deniz mit ihrer Kamera und ihrem Telefon bei den Kämpferinnen und Kämpfern, die Mexmûr gegen die Islamisten verteidigten. Am 8. August berichtete sie das letzte Mal telefonisch von der Front und wurde von einem Granatsplitter getroffen. Ihre Arbeit wird heute von den Journalistinnen von RAJIN fortgesetzt.