Die Reaktionen auf die Verhaftung von Merdan Yanardağ in der Türkei dauern an. Der Chefredakteur von TELE1 und Autor der Zeitung BirGün wurde aufgrund seiner Äußerungen zu Abdullah Öcalan am Dienstag in Istanbul in Untersuchungshaft genommen. Die Istanbuler Generalstaatsanwaltschaft wirft ihm terroristische Propaganda und das Loben eines Straftäters in einer Live-Sendung vor. Der Vorsitzende der Pressegewerkschaft DISK Basın-İş, Faruk Eren, erklärte gegenüber ANF, dass die Verhaftung von Yanardağ ein Versuch sei, alle Journalist:innen einzuschüchtern.
Die Türkei ist ein großes Gefängnis für Journalist:innen
Eren wies darauf hin, dass sich die Türkei in ein großes Gefängnis für Journalist:innen verwandelt habe. Die Verhaftung von Merdan Yanardağ beruhe auf seiner Weigerung, der Regierung zu gehorchen, so Faruk Eren: „Was Merdan Yanardağ in seiner Fernsehsendung gesagt hat, fällt in den Bereich der Presse- und Meinungsfreiheit, er verteidigt eigentlich die Menschenrechte. An seiner Äußerung ist nichts auszusetzen. Gegen ihn wurde eine Hetzkampagne gestartet von Leuten, denen seine Haltung während und nach den Wahlen, die von ihm geschriebenen Bücher und seine jüngsten Kritiken gegen den Strich gingen. Seine Verhaftung war unrechtmäßig, und mit ihm ist ein weiterer Kollege von uns inhaftiert worden."
Medienschaffende setzen ihre Arbeit trotz Repression fort
Journalist:innen in der Türkei hätten diese Art der Einschüchterung schon oft erlebt, erklärte Eren weiter und verwies auf Prozesse gegen das vermeintliche Pressekomitee der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) sowie die Zeitungen Cumhuriyet und Özgür Gündem. Damit sei versucht worden, berufliche Tätigkeiten zu kriminalisieren, aber man habe keinen Schritt zurück gemacht. Eren betonte, dass Journalist:innen, egal wie sehr der Druck auf die Presse- und Meinungsfreiheit zunehme, weiterhin berichten und Nachrichten die Öffentlichkeit bringen. Es sei genau diese Beharrlichkeit, die die Regierung störe. Die Regierung versuche vorzuschreiben, dass nur das, was sie sagt, gehört und als Wahrheit akzeptiert werden sollte. Leider gebe es auch Journalist:innen, die angesichts dieses Drucks aus Angst vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes zurückweichen. Solidarität mit Yanardağ bedeute jedoch ganz konkret, die Verteidigung der Presse- und Meinungsfreiheit.
„Das Problem ist, dass Journalisten nicht organisiert sind“
Für Eren besteht das Hauptproblem darin, dass Journalist:innen nicht ausreichend organisiert seien: „Die Stärke von Berufsverbände entspricht der Zahl ihrer Mitglieder, und leider sind die Journalisten in der Türkei nicht organisiert. Sie schließen sich nicht gewerkschaftlich zusammen, weil sie Angst haben, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Sie setzen sich nicht für ihre Rechte ein, und unsere Kolleginnen und Kollegen, die in regierungsnahen Presseorganen arbeiten, zögern heute, auch nur ,Hallo' zu sagen. Die Solidarität war in der Vergangenheit viel stärker, aber sie wird immer schwächer."
Dabei gehe es ja vor allem darum, das Recht auf Informationsfreiheit zu verteidigen, so Faruk Eren: „Journalisten tun alles, was sie können, um das Recht der Öffentlichkeit auf Information zu schützen. Sie riskieren Verhaftungen, werden geschlagen und inhaftiert, während sie vor Ort den Geschehnissen folgen, aber sie geben nicht auf. Was können Journalistinnen und Journalisten noch tun? Die Gesellschaft muss die Journalisten und damit ihr Recht auf Nachrichten und die Demokratie schützen.“