EFJ verurteilt Polizeigewalt bei Razzia in TV-Sendern in Belgien

Mit der EFJ hat sich erstmalig ein europäischer Journalistenverband zu der nächtlichen Razzia in den kurdischen Sendern Stêrk TV und Medya Haber in Belgien geäußert. Die Föderation verurteilt die Gewaltanwendung der belgischen Bundespolizei.

Vertraulichkeit journalistischer Quellen gefährdet

Die Europäische Föderation für Journalist:innen (EFJ) und ihre belgische Mitgliedsorganisation, der Flämische Journalistenverband (VVJ), haben die Gewaltanwendung der belgischen Bundespolizei bei der Durchsuchung kurdischer TV-Sender verurteilt und die Behörden aufgefordert, die Vertraulichkeit der Quellen von Journalisten zu gewährleisten. In der Erklärung heißt es:

Polizei durchsucht kurdische Fernsehsender und beschlagnahmt journalistisches Material

In der Nacht vom 22. auf den 23. April 2024 durchsuchte die belgische Bundespolizei das Gebäude der kurdischen Fernsehsender Stêrk TV und Medya Haber (Medya News) in Denderleeuw, Flandern. Die Polizeiaktion wurde im Rahmen einer europäischen Ermittlungsanordnung (EPO) zur Terrorismusfinanzierung durchgeführt. Die Nachrichtensender berichteten über schwere Sachschäden und die Beschlagnahme von Ausrüstung. Die Europäische Journalistenföderation (EJF) und ihre belgische Mitgliedsorganisation, der Flämische Journalistenverband (VVJ), verurteilten die Gewaltanwendung, die mit der Durchsuchung einherging, aufs Schärfste und forderten die Behörden auf, die Vertraulichkeit der Quellen von Journalisten zu gewährleisten.

Vertraulichkeit journalistischer Quellen gefährdet

An der Durchsuchung, die von 1 Uhr bis 4.30 Uhr dauerte, waren über 200 Polizeibeamte auf dem Gelände von Stêrk TV und Medya Haber in der Stadt Denderleeuw beteiligt. Wie die Bilder zeigen, wurden mehrere Türen aufgebrochen und ihre Griffe entfernt. In mehreren Räumen wurden außerdem Zwischendecken eingeschlagen und große LED-Bildschirme beschädigt. Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte auch zwei Computer, die neben Buchhaltungs- und Bankgeschäften vor allem für die journalistische Arbeit genutzt wurden, wodurch die Vertraulichkeit der journalistischen Quellen gefährdet wurde.

PKK gilt in Belgien nicht als terroristische Organisation

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft erfolgte die Durchsuchung auf Ersuchen der nationalen französischen Antiterror-Staatsanwaltschaft PNAT. Im Rahmen einer Untersuchung über die Finanzierung der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) verdächtigen die französischen Behörden die Fernsehsender, mit der PKK in Verbindung zu stehen. Die Partei, die auf der Terrorliste der Europäischen Union steht, gilt in Belgien nicht mehr als terroristische Organisation.

Wir verurteilen die Gewalt bei der Durchsuchung

„Wir beurteilen nicht die Möglichkeiten der Ermittlungen, das ist nicht unsere Aufgabe, aber wir verurteilen die Gewalt, die mit den Aktionen einherging, und den erheblichen Schaden, der entstanden ist. Wir hoffen, dass alle Garantien der Pressefreiheit während des Verfahrens eingehalten wurden", sagte VVJ-Generalsekretärin Charlotte Michils, nachdem sie die Schäden vor Ort gesehen hatte.

Quellenschutz gilt auch für kurdische Medien

Die EJF schließt sich dem Flämischen Journalistenverband an und fordert von der belgischen Bundespolizei eine Klarstellung: „Die Vertraulichkeit journalistischer Quellen gilt auch für die in Belgien ansässigen kurdischen Fernsehsender. Jede Verletzung muss verhältnismäßig sein und mit äußerster Vorsicht behandelt werden", fügte EJF-Generalsekretär Ricardo Gutiérrez hinzu.

Dies ist nicht das erste Mal, dass kurdische TV-Sender in Denderleeuw Ziel dieser massiven Polizeirazzien sind. In der Vergangenheit gab es bereits zwei ähnliche Polizeirazzien in den Jahren 1996 und 2010. Keine der Durchsuchungen führte zu Folgemaßnahmen.

In derselben Nacht nahm die türkische Polizei bei Razzien neun Journalisten fest, die für pro-kurdische Medien in Istanbul, Ankara und Urfa arbeiten, weil sie terroristischer Aktivitäten verdächtigt werden. Nach Angaben der Agence France Presse (AFP) hatten die Razzien in Belgien „keine Verbindung“ zu den Verhaftungen in der Türkei.