Zur Lage in den türkischen Gefängnissen
Mit der Corona-Pandemie hat sich die Situation in den Vollzugsanstalten in der Türkei dramatisch verschlechtert. Die Präventionsmaßnahmen sind unzureichend, Abstandsregeln können nicht eingehalten werden.
Mit der Corona-Pandemie hat sich die Situation in den Vollzugsanstalten in der Türkei dramatisch verschlechtert. Die Präventionsmaßnahmen sind unzureichend, Abstandsregeln können nicht eingehalten werden.
Der „Zivilgesellschaftsverein im Strafvollzugssystem“ (Ceza İnfaz Sisteminde Sivil Toplum Derneği, CİSST) macht darauf aufmerksam, dass in den Vollzugsanstalten in der Türkei nicht genug Präventionsmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie getroffen werden. Die Gefangenen bekommen keine Hygieneprodukte und haben keinen Zugang zu ausreichender Gesundheitsversorgung. Die ärztliche Behandlung kranker Gefangener ist eingestellt worden, Abstandsregelungen können nicht eingehalten werden.
Das geht aus einem Bericht hervor, den der Verein aus eingegangenen Beschwerden im Zeitraum zwischen dem 29. Juni und 10. Juli aus 96 Gefängnissen erstellt hat. Unter anderem wird bemängelt, dass nicht für genügend Luftzufuhr gesorgt wird und der Hofgang in einigen Vollzugsanstalten willkürlich eingeschränkt wird. Vor allem im offenen Vollzug gibt es Beschwerden über unhygienische Zustände in den Essräumen, die von zu vielen Gefangenen gleichzeitig benutzt werden müssen.
Der Zugang zu Seife und Desinfektionsmitteln wird in den Gefängnissen unterschiedlich gehandhabt. In einigen Anstalten werden Hygienemittel kostenlos verteilt, in anderen sind sie selbst gegen Bezahlung schwer zu erhalten. Auch Gesichtsmasken sind nicht überall erhältlich.
Ein großes Problem stellt die mangelnde Wasserversorgung dar. Die Wasserzufuhr wird häufig unterbrochen, heißes Wasser gibt es nur begrenzt. Viele Beschwerden liegen auch über Qualität und Quantität des Essens vor. In einigen Gefängnissen gibt es keine Ärzte auf den Krankenstationen oder die Gefangenen werden gar nicht erst auf die Krankenstation gebracht. Stattdessen werden sie von Vollzugsbeamten an der Zellentür nach ihren Beschwerden befragt und erhalten daraufhin Medikamente, die teilweise bereits abgelaufen sind. In manchen Vollzugsanstalten sind externe Arztbehandlungen vollständig eingestellt worden.
Für die chronisch kranken Gefangenen ist die mangelnde Gesundheitsversorgung besonders dramatisch. In dem Vereinsbericht wird darauf hingewiesen, dass sich mehrere Gefangene in einem kritischen Zustand befinden. Nach jedem Verlassen der Haftanstalt müssen die Gefangenen bei der Rückkehr vierzehn Tage in Quarantäne bleiben. Vielen Betroffenen geht es jedoch so schlecht, dass sie sich gar nicht mehr alleine in einer Isolationszelle versorgen können.