Der Polizeigewahrsam der am Mittwoch in Wan (tr. Van) als vermeintliche Mitglieder einer terroristischen Organisation festgenommen Aktivist:innen des kurdischen Solidaritätsvereins MEBYA-DER ist noch vor Ablauf der maximalen Polizeihaft um vier Tage verlängert worden. Die Generalstaatsanwaltschaft Van begründete den von der Strafabteilung des Amtsgerichts in der nordkurdischen Metropole positiv beschiedenen Antrag damit, dass die Prüfung eines Haftgrunds noch nicht abgeschlossen sei.
Insgesamt fünfzehn Vorstandsmitglieder der Zweigstelle von MEBYA-DER und Aktivist:innen waren Mitte der Woche bei polizeilichen Razzien in Wan festgenommen worden. Bei den Betroffenen handelt es sich um die Ko-Vorsitzende des Solidaritätsvereins, Gülistan Önver, die Vorstandsmitglieder Emine Şaybak, Ceyda Dindar, Mahmut Dindar, Cihat Aksu, Cevdet Bilekçi und İsa Demirağaç sowie um Süreyya Azba, Azize Öner, Nuhi Alıcı, Savaş Encü, Şevket Kaplan, Halil Karakoç, Kamuran Çiftçi und Nebi Kaçak. Die Festgenommenen konnten erst nach 24 Stunden mit ihrem Rechtsbeistand sprechen. Was ihnen genau vorgeworfen wird, ist weiterhin unbekannt, weil die Ermittlungsakte unter Geheimhaltung steht und auch die Anwält:innen keine Akteneinsicht bekommen.
Emine Şaybak wurde am Freitag nach einem Verhör bei der Antirerrorzentrale der Polizei Van auf freien Fuß gesetzt. Die restlichen Betroffenen wurden nach der richterlichen Anhörung wieder in das Polizeipräsidium gebracht. Für die Vereinsvorsitzende Gülistan Önver stellt die Polizeihaft allerdings erhebliche gesundheitliche Risiken dar: Die Kurdin leidet unter Bluthochdruck und ist mehrfach am Rücken operiert worden. Wie ihre Angehörigen mitteilen, darf sie nicht lange stehen und sitzen, ansonsten besteht die Gefahr einer Lähmung.
Der Verein MEBYA-DER
MEBYA-DER ist ein Solidaritätsverein für Menschen, die Angehörige im kurdischen Befreiungskampf verloren haben, und steht seit geraumer Zeit im Fokus der staatlichen Repression in der Türkei. „Hilfs- und Solidaritätsverein für Menschen, die ihre Angehörigen in der Wiege der Zivilisationen verloren haben“ lautet der volle Name des Vereins, der Zweigstellen in mehreren kurdischen Städten unterhält. Der türkische Staat macht gefallene Guerillakämpfer:innen zum Mittel der psychologischen Kriegsführung, indem Gräber verwüstet und Leichname von Gefallenen misshandelt oder verstümmelt werden. MEBYA-DER ist eine der Institutionen, die sich direkt gegen diese Politik stellt.