Varisheh Moradi in Iran zum Tode verurteilt

Die kurdische Aktivistin Varisheh Moradi ist im Iran zur Hinrichtung verurteilt worden. Todesrichter Abolqasem Salavati sprach die 38-Jährige wegen „bewaffneten Aufstands“ für schuldig. Ihre Anwälte wollen eine Revision erzwingen.

„Bewaffneter Aufstand gegen den Staat“

Die kurdische Aktivistin Varisheh Moradi ist im Iran zur Hinrichtung verurteilt worden. Wie die Kampagne „No to Execution, Yes to Free Life!“ mitteilt, wurde ihre Verteidigung am Sonntag über das Urteil informiert. Demnach hat ein Revolutionsgericht in Teheran die 38-Jährige wegen „bewaffneten Aufstands gegen den Staat“ für schuldig gesprochen. Verantwortlich für das Urteil sei der sogenannte „Richter des Todes“ Abolqasem Salavati, Leiter der Abteilung 15 der islamischen Revolutionsgerichte in Irans Hauptstadt und bekannt für seine exzessiven Todesurteile gegen Oppositionelle.

Varisheh Moradi (andere Schreibweise Varishe oder Warisheh), auch bekannt als Ciwana Sine, war am 1. August 2023 im Zuge einer Polizeikontrolle in der Nähe ihrer Geburtsstadt Sine (Sanandadsch) festgenommen und zunächst Opfer eines gewaltsamen Verschwindenlassens geworden. Die Kurdin ist Mitglied der „Gemeinschaft der freien Frauen von Rojhilat“ (KJAR), dem Dachverband der kurdischen Frauenbewegung in Ostkurdistan und Iran, und engagierte sich für frauenpolitische und feministische Themen. Irans Regime-Justiz sieht in der KJAR eine „separatistische Terrororganisation“, weil sie Teil der Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) ist. Die PJAK leistet Widerstand gegen die Unterdrückung und Diskriminierung des kurdischen Volkes und sich für Frauenbefreiung, Autonomie und Demokratie in Iran ein.

Brutal gefoltert, misshandelt und verhört

Nach Varisheh Moradis Verschleppung war ihr Aufenthaltsort monatelang unklar. Erst durch Recherchen der in Frankreich ansässigen Menschenrechtsorganisation Kurdistan Human Rights Network (KHRN) wurde bekannt, dass die Aktivistin nach ihrer Festnahme zunächst wochenlang vom iranischen Geheimdienst in Sine brutal gefoltert, misshandelt und verhört worden war, bis sie Ende August vergangenen Jahres nach Teheran überführt wurde. Dort hielt man sie über Monate im berüchtigten Hochsicherheitstrakt 209 des Evin-Gefängnisses fest – ebenfalls unter Folter und Misshandlungen, mit dem Ziel, sie zu brechen oder ein Geständnis von ihr zu erzwingen. Seit Anfang Januar befindet sich Moradi in der Frauenabteilung der Haftanstalt. Zugang zu einem Rechtsbeistand wird ihr die meiste Zeit verwehrt. Das KHRN und andere Menschenrechtsgruppen bezeichneten den Prozess gegen die Aktivistin als grob unfair. Er dauerte nur wenige Minuten; Moradi durfte sich nicht verteidigen und ihre Anwälte erhielten keinen Zugang zu den Akten.

Im Hungerstreik gegen Todesstrafe

Im Oktober hatte Varisheh Moradi einen fast drei Wochen andauernden Hungerstreik durchgeführt, um gegen die unmenschlichen Bedingungen in den Gefängnissen des iranischen Regimes und die Todesstrafe zu protestieren. Erst nach zahlreichen Appellen der KJAR sowie NGOs und Bürgerrechtsaktivist:innen, Frauenrechtler:innen und weiteren Menschenrechtsverteidiger:innen hatte sie die Aktion beendet. Während des Hungerstreiks war der Zustand der 38-Jährigen aufgrund ihrer ohnehin schlechten gesundheitlichen Verfassung und in Haft erlittener Folter zeitweise lebensbedrohlich – laut der KJAR hätte sie sogar jederzeit kollabieren, ins Koma fallen oder sterben können. Ihre Anwälte haben angekündigt, gegen das Todesurteil gegen Varisheh Moradi vorzugehen und eine Revision zu erzwingen.